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Lugo

Das Geheimnis von Lugo in Spanien

James Monti schreibt in seiner umfassenden Untersuchung über die Geschichte der Ewigen Anbetung über Lugo:

Gibt es im Blick auf alle diese Hinweise für eine vertiefte eucharistische Verehrung irgendeinen Beweis dafür, dass wenigstens an ein oder zwei gesonderten Orten sich das außerliturgische Gebet vor dem aufbewahrten Sakrament vor dem zehnten Jahrhundert zu entwickeln begonnen hat? Für eine Antwort auf diese Frage müssen wir in eine Welt eintreten, die verhüllt ist vom Nebel der Geschichte und Legende - die Welt des mittelalterlichen Norden Spaniens. In die gebirgige Landschaft Nordostspaniens wurde im achten Jahrhundert der Kelch, den man für den des letzten Abendmahles hielt, vor den muslimischen Eroberern in Sicherheit gebracht. In den folgenden Jahrhunderten regte dies viele Legenden über den “Heiligen Gral” an.

Weiter im Westen wurde in den ersten Jahren des neunten Jahrhunderts in der nordwestspanischen Stadt Santiago de Compostela das Grab des Apostels Jakobus des Älteren entdeckt und so diese Stadt für zahllose mittelalterliche Pilger in einen Vorhof des himmlischen Jerusalems verwandelt. In kurzer Entfernung Richtung Norden und Osten von Santiago de Compostela liegt die alte ummauerte Stadt Lugo, in deren Kathedrale aus dem zwölften Jahrhundert seit ungezählten Jahrhunderten ein ununterbrochenes Gebet vor dem Allerheiligsten Sakrament gehalten wird, Tag und Nacht, Stunde für Stunde. Möglicherweise kann die ewige eucharistische Anbetung in Lugo, die jetzt unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, über vierzehn Jahrhunderte zurückverfolgt werden. Der Schriftsteller E. Boyle O’Reilly beschrieb im Jahre 1910, was er bei seinem Besuch in diesem außergewöhnlichen eucharistischen Heiligtum selbst beobachtete:

“Gleich zu welcher Stunde du die Kathedrale betrittst, es sind immer Anbeter da; zwei Priester knien immer vor dem Tabernakel und sie knien niemals allein. Dieses Schauspiel der demütigen Frömmigkeit zog mich wieder und wieder mit unwiderstehlicher Kraft hinein in die Kirche. Ein Spanier still betend vor dem Altar, ist nach meinem Erleben etwas mit jedem anderen Akt der Gottesverehrung Unvergleichliches. Nicht einmal die eindrucksvollen russischen Pilger in Jerusalem, wenn sie den Fußboden der Grabeskirche küssen, auch nicht der Araber, der bei Sonnenuntergang alleine in der Wüste kniet, konnte mich stärker beeindrucken. Es scheint, dass dieses stille Heiligtum von Lugo einen Strom von erhabenen Gedanken auf das ganze zufriedene kleine Städtchen verbreitet. Am stillen Nachmittag kniet eine von Falten gezeichnete Großmutter mit ihren Händen auf dem Kopf eines sechsjährigen Knirpses, der die Gebete wiederholt, die aus den alten Lippen hervorkamen. Oder drei junge feine Damen ziehen sich in einen stillen Winkel der Kirche zurück, um gemeinsam ihren täglichen Rosenkranz zu beten. In einer Seitenkapelle umschreitet eine Bäuerin, die sich unbeobachtet glaubt, in tiefer Verehrung auf den Knien den Altar.”

Lopez Gallo, der Bischof von Lugo, machte sich im Jahre 1615 in seinen Bistumsarchiven auf die Suche, um die Ursprünge dieser ununterbrochenen Übung der ewigen eucharistischen Anbetung aufzudecken, die allgemein von den Einwohnern der Stadt in unvordenklicher Zeit zurückverlegt wurden. Seine Untersuchung brachte Unterlagen hervor, die auf ein päpstliches Privileg hinwiesen, das schon im sechsten Jahrhundert für diese Angelegenheit gewährt worden war - nämlich zur Zeit des suebischen Königs Theodomir, der im Jahre 550 zum katholischen Glauben konvertierte. Auf den ersten Blick scheint dieser Fund Bischof Gallo’s im Blick auf das Fehlen jedes anderen Beweises für ein solches außerliturgisches Gebet vor der aufbewahrten Eucharistie vor dem zwölften und dreizehnten Jahrhundert als unmöglich. Darüberhinaus lebt Bischof Gallo ja in einer Epoche, in der die Standards für die Überprüfung der Daten und der Authentizität von historischen Dokumenten noch nicht so hoch entwickelt waren, wie sie es in unserem Jahrhundert sind.

Aber es gibt verschiedene Faktoren, die der Behauptung Bischof Gallo’s eine ziemliche Gewissheit verleihen. Seine Behauptung kann nicht einfach in Bausch und Bogen abgelehnt werden, denn der Bischof kann sehr gut noch Zugang zu Dokumenten gehabt haben, die über die dreieinhalb letzten Jahrhunderte verlorengegangen sind. Es ist bekannt, dass zwei Synoden sich in Lugo während der Herrschaft König Theodomirs versammelten, und es wurde die Vermutung angestellt, dass die Einrichtung der eucharistischen Anbetung in Lugo von den Entscheidungen dieser Synoden herrührt. Die Synoden wurden zusammengerufen in der Absicht, katholische Glaubenslehren zu einer Zeit zu bestätigen, als diese Region Spaniens sich gerade von einer Häresie mit Namen Priszillianismus befreit hatte. Wir haben also allen Grund die Frage zu erkunden, ob es in Lugo im frühen Mittelalter eucharistische Anbetung in einer viel älteren Form gegeben haben könnte, als wir sie anderswo Jahrhunderte später finden. Wir beginnen bei der Betrachtung der Beziehung Lugo‘s mit der portugiesischen Stadt Braga.

Dieses Bistum geht in das fünfte Jahrhundert zurück und ist vielleicht sogar noch viel älter. Lugo war eine Zeitlang Suffragandiözese des Bistums Braga, bis ihr im Jahr 561 während der Herrschaft des Königs Theodomir der frühere Status einer unabhängigen Diözese zurückgegeben wurde. Trotzdem wurde das Band zwischen Lugo und Braga im Jahre 666 wieder geknüpft und Lugo wurde wieder Suffraganbistum unter der Oberherrschaft von Braga. So ist es sehr bezeichnend, dass im Jahre 675 - nur neun Jahre nach der “Wiedervereinigung” mit Lugo - das Vierte Konzil von Braga uns den frühesten erhaltenen Bericht über eine Prozession mit der aufbewahrten Eucharistie außerhalb einer Kirche bietet. Bezugnehmend auf die Praxis des Tragens der Bundeslade im Alten Testament, verlangt der sechste Kanon des Konzils, dass bei einer festlichen Prozession mit der aufbewahrten Eucharistie die “Reliquien des Heiligen Gottes” vom Bischof und nicht von Priestern getragen werden muss. Der Bischof muss das Sakrament zu Fuß tragen.

Diese Praxis ist ohne Parallele in dieser Epoche. Anderswo, wenn das aufbewahrte Allerheiligste Sakrament zum oder vom Altar gebracht werden musste, erledigen Diakone diese Aufgabe; aber in diesem Fall in Braga war es der höhere Klerus - die Priester und bei besonderen Gelegenheiten der Bischof - der das Sakrament getragen hat. Die Bedeutung dieses Details wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass Jahrhunderte später das Tragen des aufbewahrten Sakramentes in der päpstlichen Gründonnerstagsliturgie durch den Papst selbst und nicht durch einen niedereren Kleriker die vertiefte eucharistische Verehrung im Ausgang des Mittelalters deutlich machte. Ja noch mehr, es gibt keinen andere vergleichbare Verehrung der Eucharistie durch eine Prozession vor dem zehnten Jahrhundert - so ist es nicht unwahrscheinlich, dass es in Braga eine weiter entwickeltere Verehrung des aufbewahrten Sakramentes gab als anderswo, eine Verehrung, die es von seinem Suffraganbistum Lugo übernommen oder mit ihm geteilt hat.

Welche Bräuche dieser Art in Lugo oder Braga in der nachfolgenden Geschichtsepoche vom achten bis zum zehnten Jahrhundert wenn überhaupt existierten, ist ungewiss, sind doch unsere Quellen sehr begrenzt, denn es geschah in dieser Epoche, dass die islamischen Heere Spanien überrannten und auch Lugo im Jahre 714 eroberten. Wenn auch Lugo zusammen mit anderen Städten Nordspaniens am Ende des selben Jahrhunderts von den Muslimischen Besatzern befreit wurde, blieb doch ein Großteil des Landes unter islamischer Herrschaft. Aber auch in den nördlichen Regionen tut sich für einige Zeit eine literarische Lücke auf, die Forschern künftiger Generationen nur wenig Material für die Untersuchung der Geschichte von Städten wie Lugo während dieser Epoche an die Hand geben.

Ein aufschlussreiches Dokument gibt es aus Lugo im achten Jahrhundert - ein Dokument, das bezeugt, dass während des Episkopates von Bischof Odoarius (ca. 740-786), Altäre in der Kathedrale der Stadt “dem Erlöser und der Heiligen Maria” geweiht wurden. Verbunden mit der Verehrung der Eucharistie in Lugo hat es immer auch eine besondere Verehrung der Allerseligsten Jungfrau gegeben, so dass die Hauptkirche der Stadt schon im zehnten Jahrhundert immer als “Santa Maria de Lugo” bezeichnet wird. Diese Bemerkung aus dem achten Jahrhundert könnte also bedeuten, dass die alte Kathedrale zwei besondere Verehrungen in sich barg - eine die auf Christus ausgerichtet war, die andere auf die allerseligste Mutter Maria. Vier Jahrhunderte später finden wir die selbe Paarung in einer Schenkung der spanischen Königin Urraca aus dem Jahre 1107 deutlicher ausgedrückt, in der gesprochen wird von “der ehrwürdigsten Mutter unseres Herrn Jesus Christus, dessen Reliquien auf bewundernswerte Weise in der Stadt Lugo mit einer großen Feier der Göttlichkeit geehrt werden von Gott angeregt am selben Ort”.

Was ist das für eine Verehrung der “Göttlichkeit” von der die Schenkungsurkunde der Königin Urraca spricht? Im selben Jahrhundert nennt ein englischer Kleriker namens Honorius die aufbewahrte Eucharistie auf dem Altar (in Kirchen wo sie dort verwahrt wurden) die “Göttlichkeit Christi”. Im Blick auf Lugo’s nachfolgender Geschichte der eucharistischen Anbetung und im Blick auf das Fehlen jeglicher anderer Verehrung, die in besonderer Weise auf die Göttlichkeit Christi zielt, scheint es unmöglich zu sein diese “Feier der Göttlichkeit” in Lugo als irgendetwas anderes zu erklären, als die Verehrung der Eucharistie, die wie wir im Falle des Honorius gesehen haben in wenigstens einem anderen Fall einfachhin “Göttlichkeit” genannt wird. Der Gebrauch dieses Ausdrucks kann auch einiges Licht auf das Alter der eucharistischen Anbetung in Lugo werfen. Man bemerke, dass im Gegensatz zum Ausdruck “Corpus Christi” (Leib Christi), der während des Mittelalters aufkommt, das Konzil von Braga im siebten Jahrhundert, von dem wir vorher gesprochen haben, die Eucharistie, die in einer Prozession getragen wurde mit einem ähnlichen Ausdruck benannt hatte, der auch auf die Göttlichkeit hinzielt, nämlich “die Reliquien des Heiligen Gottes.”

Zwei andere Beweisstücke liefern uns eine zusätzliche Bestätigung für die Existenz einer ewigen eucharistischen Anbetung in Lugo im zwölften Jahrhundert. Im Jahre 1130, nur vier Jahre, nach dem der Bau der jetzigen Kathedrale begann, wurde dem Kloster, das der Kathedrale angegliedert war, eine Schenkung gemacht und dabei erwähnt, dass “sie die Gottesdienste Tag und Nacht feiern.” Dieser Text kann ein Hinweis auf das ewige eucharistische Gebet darstellen, obwohl zugegeben werden muss, dass dieser Text sich auch einfach nur auf das Rezitieren der unterschiedlichen Horen des Stundengebetes beziehen könnte. Über dem Portal des nördlichen Querschiffes der heutigen Kathedrale gibt es eine in Stein gehauene Darstellung des Letzten Abendmahles, das wie die Kathedrale selbst aus dem zwölften Jahrhundert stammt. Das Einbeziehen eines solchen eucharistischen Themas in die Ausgestaltung eines mittelalterlichen Bauwerkes könnte im Einklang stehen mit der Existenz einer besonderen eucharistischen Verehrung in der Kathedrale.

Es gibt noch zwei weitere Quellen, wenn auch von unsicherer Glaubwürdigkeit, die der Behauptung Bischof Gallo’s über den Beginn der eucharistischen Anbetung im sechsten Jahrhundert zusätzliches Gewicht verleihen. Einer Chronik beigefügt, die fälschlicher oder betrügerischer Weise dem Bischof Liutprand von Cremona im zehnten Jahrhundert zugeschrieben worden ist, gibt es einen Text, der unter anderen Dingen folgende bemerkenswerte Aussage enthält: “Vor der Verwüstung Spaniens durch die Mauren war die Eucharistie in den Kathedralkirchen immer ausgesetzt (‚patens‘). In welchem Ausmaß die alten Kirchen diesen Brauch gepflegt haben, wie z.B. Toledo, Braga, Lugo und andere, die nicht von den Mauren besetzt wurden, sondern entweder verlassen oder befreit wurden [Lücke im Text]... In anderen Kirchen, wo die Sarazenen häufiger vorbeizogen und die Kirchen beschädigt wurden, wurde diese Übung nur manchmal vollzogen, und zwar relativ selten.”

Diese Textpassage enthält sicherlich unhaltbare Übertreibungen, die auf fragwürdigen Quellen basieren, z. B. die Behauptung, dass alle Kathedralkirchen Spaniens zu früher Zeit bereits Anbetung hatten; es gibt keinen greifbaren Beweis für solch eine verallgemeinernde Annahme. Außerdem ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Eucharistie “ausgesetzt” wurde im modernen Sinne dieses Ausdrucks, also die Hostie für die Anbeter wie in einer Monstranz direkt sichtbar gewesen wäre. Trotzdem, wenn auch nur ein Körnchen Wahrheit in diesen Worten liegt, kann es doch bezeichnende Unterstützung liefern zu den Entdeckungen Bischof Gallo’s, denn die obige Stelle spricht davon, dass eucharistische Anbetung in Spanien schon vor der Invasion der Mauren - d.h. vor 711 - existierte, und sie erwähnt besonders Lugo als eine der Städte, die eine solche Anbetung hatten. Nur zwei andere Städte werden noch erwähnt, und bezeichnenderweise ist eine der beiden die Schwesterdiözese von Lugo, nämlich Braga. Wir müssen zwar nochmals betonen, dass diese Passage aus einem Text mit unsicherer historischer Glaubwürdigkeit entnommen ist, besonders da bekannt ist, dass dieser Text Einschübe von fragwürdiger Qualität enthält, die der spanische Jesuit Geronimo Roman de la Higuera (1538-1611) verfasst hat. Wie auch immer, auch wenn Pater Higuera diese Stelle hinzugefügt oder verändert hat, die Frage würde immer noch bleiben, woher er diese Information bezog (wir können nicht sicher sein, dass es eine reine Erfindung war).

Es ist außerdem behauptet worden, dass der Hl. Antoninus, Erzbischof von Florenz (gestorben 1459), geachtet wegen seiner Gelehrsamkeit ebenso wie wegen seiner Heiligkeit, die frühe Existenz der eucharistischen Anbetung in Lugo bezeugt hat. Ohne eine verifizierbare Quelle für diese Aussage ist es aber unglücklicherweise nicht möglich, ihren Wert zu beurteilen, aber es ist sicherlich bezeichnend, wenn man sie im Licht der anderen Andeutungen sieht, dass Lugo die eucharistische Gegenwart seines Gottes und Erlösers seit gut tausend Jahren verehrt hat.

(Übersetzung aus: Groeschel, Benedict J., Monti, James, In the Presence of our Lord, Steubenville 1997, S. 193-198, Übersetzung: Bernhard Hesse)

Webseite der Kathedrale von Lugo