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Brief des Papstes an den Bischof von Lüttich

Die Eucharistie, ein Sakrament zum Anbeten

Papst Johannes Paul II.

An Bischof Albert Houssiau von Lüttich, Belgien

1. Im Jahre 1246 führte dein entfernter Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von Lüttich, Robert von Thourotte, in seiner Diözese das eucharistische Fest ein, das jetzt als Fronleichnamsfest bekannt ist. Er erfüllte damit die Bitte von Juliana von Cornillon, die bereits ein Offizium für das Fronleichnamsfest verfasst hatte, von Eva von St. Martin und anderen Frauen von Lüttich. Einige wenige Jahre später, 1264, dehnte Papst Urban IV dieses Fest des Leibes Christi als verpflichtendes Fest auf die ganze Kirche aus und betonte dabei die Bedeutung der Verehrung des eucharistischen Leibes unseres Erlösers. Zum 750. Jahrtag der Einführung dieses Festes reihe ich mich unter all die Pilger ein, die an den Jubiläumsfeierlichkeiten teilnehmen und unter die Gläubigen überall auf der Welt, die ununterbrochen vor dem Allerheiligsten Altarsakrament beten und richte ein inniges Gebet der Danksagung zu unserem Herrn.

2. Jesus ist nicht mehr in der selben Weise gegenwärtig für die Menschen, wie er es auf den Straßen Palästinas war. Nach der Auferstehung erschien er den Frauen und seinen Jüngern in seinem verherrlichten Leib. Dann nahm er die Apostel und “führte sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben” (Lk 24,50-51). Aber als er zum Himmel hinaufstieg zum Vater, trennte er sich nicht von den Menschen. Er wohnt für alle Zeiten in der Mitte seiner Brüder und, wie er es vorhergesagt hat, begleitet er sie und führt sie mit seinem Geist. Von nun an hat seine Gegenwart eine andere Art. Wahrlich, “beim Letzten Abendmahl, nachdem er das Pascha mit seinen Jüngern gefeiert hat und als die Stunde kam, wo er aus dieser Welt zu seinem Vater gehen sollte, setzte Christus dieses Sakrament als ewiges Gedächtnis seines Leidens ein..., das größte von allen seinen Wundern und er hinterließ dieses Sakrament jenen, die durch seine Abwesenheit mit Trauer erfüllt waren als eine unvergleichliche Tröstung” (Hl. Thomas von Aquin, Offizium von Fronleichnam, ST 4). Jedesmal, wenn wir die Eucharistie in der Kirche feiern, erinnern wir uns an den Tod des Erlösers, wir verkünden seine Auferstehung und wir erwarten seine Wiederkunft. So ist kein Sakrament größer oder wertvoller als das der Eucharistie. Wenn wir die Kommunion empfangen, werden wir in Christus eingegliedert. Unser Leben wird von unserem Herrn verwandelt und angenommen.

3. Außerhalb der Eucharistiefeier verehrt die Kirche das Allerheiligste Altarsakrament, “das an einem bevorzugten Ort aufzubewahren ist ... als geistlicher Mittelpunkt einer Ordensgemeinschaft oder Pfarrgemeinde” (Paul VI, Mysterium fidei, n. 68). Das betrachtende Gebet verlängert die Kommunion und ermöglicht jedem, Christus, dem wahren Gott und wahrem Menschen, in einer dauerhafteren Weise zu begegnen. Jeder kann sich von ihm anschauen lassen und seine Gegenwart erfahren. Wenn wir ihn betrachten gegenwärtig im Allerheiligsten Altarsakrament, zieht uns Christus nahe zu sich und wird uns mehr vertraut als wir uns selber sind. Er gewährt uns Anteil an seinem göttlichen Leben in einer verwandelnden Einheit und gibt uns im Geist Zugang zum Vater, wie er selbst zu Philippus gesagt hat: “Wer mich sieht, sieht den Vater” (Joh 14,9). Das betrachtende Gebet, das auch eine Kommunion der Sehnsucht ist, verbindet uns zutiefst mit Christus, und in einer ganz besonderen Weise verbindet es jene, die am Kommunionempfang gehindert sind.

Wenn wir in Stille vor dem Allerheiligsten Altarsakrament verweilen entdecken wir Christus, der ganz und wirklich gegenwärtig ist. Ihn beten wir an, mit ihm sind wir im Kontakt. Wie auch immer, wir erfassen ihn oder sind ihm nahe nicht durch die Sinne. Unter den Zeichen von Brot und Wein führt uns der Glaube und die Liebe dazu, ihn als den Herrn zu erkennen, der uns “die Segnungen der Erlösung, die er vollendet hat,” vollständig vermittelt, “er der Meister, der gute Hirt, der dem Vater wohlgefällige Mittler” (Leo XIII, Mirae caritatis). Wie es das Glaubensbuch der belgischen Bischöfe in Erinnerung ruft, vereinigt das Gebet der Anbetung in der Gegenwart des Allerheiligsten Altarsakrament die Gläubigen “mit dem Paschamysterium; es ermöglicht ihnen, Anteil zu haben am Opfer Christi, dessen fortwährendes Sakrament die Eucharistie ist.”

4. In der Verehrung des Allerheiligsten Altarsakrament sagen wir auch dem Vater tiefen Dank, denn in seinem Sohn hat er uns besucht und sein Volk erlöst. Durch das Opfer am Kreuz hat Jesus sein Leben hingegeben für die Welt und hat uns nach seinen Worten zu Adoptivkindern gemacht, indem er ein besonders innige Beziehung geschaffen hat, die uns erlaubt, Gott bei dem wundervollen Namen ‚Vater‘ zu rufen. Wie die Schrift uns sagt, verbrachte Jesus ganze Nächte im Gebet, besonders in Momenten, als er wichtige Entscheidungen zu treffen hatte. In seinem Gebet öffnet der Christ in einem Akt des kindlichen Vertrauen und der Nachahmung seines Herrn und Meisters sein Herz und seine Hände, um Gottes Gabe zu empfangen und ihm für seine frei geschenkten Segnungen zu danken.

5. Es ist unschätzbar wertvoll, mit Christus zu sprechen und an die Brust Jesu sich zu lehnen wie sein Lieblingsjünger, wir können die unendliche Liebe seines Herzens fühlen. Wir lernen mehr und tiefer den einen zu verstehen, der sich selbst ganz hingab, besonders in den verschiedenen Geheimnissen seines göttlichen und menschlichen Lebens, so dass wir wirklich seine Jünger werden und im Gegenzug eintreten in diesen großen Akt der Hingabe für die Verherrlichung Gottes und das Heil der Welt. “Christus nachzufolgen ist keine äußere Nachahmung, denn es berührt den Menschen bei den wahren Tiefen seines Seins” (Veritatis splendor, n. 21). Wir sind gerufen von ihm zu lernen, den Geist in uns wirken zu lassen und so die Sendung zu erfüllen, die uns anvertraut ist. Insbesondere drängt uns die Liebe Christi, ständig für die Einheit der Kirche, die Verkündigung des Evangeliums bis an die Enden der Erde zu arbeiten und den Menschen zu dienen; “wir alle sind ein Leib, denn wir alle haben Anteil an dem einen Brot” (1 Kor 10 ,17): Das ist die Frohe Botschaft, die das Herz des Menschen erfreut und ihm zeigt, dass er gerufen ist, am gesegneten Leben mit Gott teilzuhaben. Das eucharistische Geheimnis ist die Quelle, das Zentrum und der Höhepunkt der ganzen geistlichen und karitativen Aktivität der Kirche (vgl. Presbyterorum ordinis, n. 6).

Die Nähe zu Christus in der Stille und das betrachtende Gebet entfernt uns nicht von unseren Zeitgenossen, sondern im Gegenteil, sie machen uns empfänglich und offen für die menschliche Freude und den Kummer und weiten unser Herz zu einer weltweiten Dimension. Sie vereinigen uns mit unseren Brüdern und Schwestern in der ganzen Menschheit und besonders mit den Kindern, die die besonderen Lieblinge des Herrn sind. Durch die Anbetung trägt der Christ auf geheimnisvolle Weise bei zur radikalen Verwandlung der Welt und zur Aussaat des Evangeliums. Jeder, der zum Erlöser betet, zieht die ganze Welt mit ihm und erhebt sie zu Gott. Jene, die vor dem Herrn stehen, erfüllen daher einen eminent wichtigen Dienst. Sie stellen all jene hin vor Christus, die ihn nicht kennen oder weit von ihm entfernt sind: Sie halten Wache in seiner Gegenwart zu deren Gunsten.

6. Bei der Gelegenheit dieses Jubiläums möchte ich die Priester ermutigen, das Gedächtnis ihrer Priesterweihe zu beleben, durch die Christus sie gerufen hat, an seinem einzigen Priestertum in besonderer Weise Anteil zu haben, besonders bei der Feier des eucharistischen Opfers und dem Aufbau seines mystischen Leibes, der die Kirche ist. Mögen sie sich an die Worte erinnern, die der Bischof bei ihrer Weiheliturgie gesprochen hat: “Bedenke was du tust, ahme nach, was du vollziehst und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes”! Wenn sie aus der Quelle der heiligen Geheimnisse durch treue und regelmäßige Zeiten des betrachtenden Gebetes leben, werden sie reiche geistliche Früchte ernten für ihr persönliches Leben und ihren Dienst, und im Gegenzug werden sie fähig, das christliche Volk, das ihrer Sorge anvertraut ist, fähig zu machen, die Größe “ihrer eigenen besonderen Teilhabe am Priestertum Christi” (Brief an die Priester zum Gründonnerstag 1996, n. 2) zu verstehen.

7. “Wenn die Gläubigen Christus anbeten, gegenwärtig im Sakrament, sollen sie sich bewusst sein, dass seine Gegenwart vom Opfer kommt und ausgerichtet ist sowohl auf die sakramentale als auch auf die geistige Kommunion” (Ritenkongregation, Instruktion über die Feier des eucharistischen Geheimnisses, n. 50). Daher ermutige ich alle Gläubige, regelmäßig Christus gegenwärtig im Allerheiligsten Altarsakrament zu besuchen, denn wir sind alle gerufen, in der Gegenwart Gottes zu leben, ihm zu danken, der bei uns bleibt bis zum Ende der Zeiten. Im betrachtenden Gebet werden die Gläubigen immer tiefer erfassen, dass das Paschamysterium im Herzen des ganzen christlichen Lebens steht. diese Übung führt sie dazu, intensiver in das Paschamysterium einzudringen und das eucharistische Opfer, die vollkommene Gabe, zum Zentrum ihres Lebens zu machen gemäß ihrer besonderen Berufung, denn es “bringt eine unvergleichliche Würde auf das christliche Volk herab” (Paul VI., Mysterium fidei, n. 67). Tatsächlich, bei der Eucharistie sind wir von Christus gegrüßt, wir empfangen seine Vergebung, wir werden genährt von seinem Wort und seinem Brot, wir sind dann ausgesandt zu unserer Mission in der Welt; So ist jeder gerufen zu bezeugen, was er empfangen hat und ebenso an seinen Brüdern zu handeln. Die Gläubigen stärken ihre Hoffnung durch die Entdeckung, dass in Christus Leid und Kummer verklärt sind, denn mit ihm sind wir bereits umgekehrt von Tod zum Leben. Wenn sie dem Herrn der Geschichte ihr eigenes Leben, ihre Arbeit und die ganze Schöpfung hingeben, werden ihre Tage schließlich erleuchtet von ihm.

8. Ich dränge die Priester, die Ordensleute und die Laien alle ihre Anstrengungen fortzusetzen und zu verdoppeln, um der jungen Generation die Bedeutung und den Wert der eucharistischen Anbetung und Verehrung zu lehren. Wie sollen junge Leute den Herrn kennenlernen können, wenn sie nicht eingeführt sind in das Geheimnis seiner Gegenwart? Wie der junge Samuel, werden sie durch das Lernen der Worte des Herzensgebetes dem Herrn näher kommen, der sie begleiten wird bei ihrem geistlichen und menschlichen Wachstum und bei ihrem missionarischen Zeugnis, das sie ihr ganzes Leben lang geben müssen. das eucharistische Geheimnis ist tatsächlich der “Höhepunkt der Evangelisation” (Lumen gentium, n. 28), denn es ist das bedeutenste Zeugnis der Auferstehung Christi. Jedes innere Leben braucht Schweigen und Intimität mit Christus um sich entwickeln zu können. Diese schrittweise Vertrautheit mit dem Herrn wird bestimmte junge Leute befähigen, als Ministranten zu dienen und einen mehr aktiven Anteil an der Hl. Messe zu haben. Für Jungen bedeutet das Stehen beim Altar außerdem eine bevorzugte Gelegenheit, den Ruf Christi zu hören und ihm radikaler zu folgen in den priesterlichen Dienst.

9. Indem ich Euch der Fürbitte der Gottesmutter, der Hl. Juliana und auch des Hl. Lambert und des Hl. Hubert anvertraue, den eifrigen Missionaren eures Landes, und allen Heiligen eures Landes, gewähre ich Euch, Eurer ganzen Diözesangemeinschaft und allen Gläubigen, die während dieses Jahres an den verschiedenen Jubeläumsfeierlichkeiten teilnehmen herzlich meinen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 28. Mai 1996

Johannes Paul II.

übersetzt aus dem Englischen von Bernhard Hesse