|
Die selige Ida von Nivelles
Sie wurde um 1190 zu Nivelles in Belgien geboren. Schon als Kind von sechs bis sieben Jahren
fühlte sie sich schon mächtig zu Jesus hingezogen. Wenn andere Mädchen spielten, ging sie in die entfernte Kirche und scheute den schmutzigen Weg selbst im Winter nicht, so dass sie manchmal
stecken blieb und von erwachsenen Personen aus dem Straßendreck gezogen werden musste. Sie schenkte Alles den Armen, selbst den letzten Bissen Brot und ging sogar für sie betteln. Nach
dem Tod ihres Vaters wollten ihre Verwandten sie zur Ehe zwingen, sie aber entfloh heimlich und gesellte sich zu einigen Jungfrauen, die in einem nahen Dorf ein klösterliches Leben führten. Bei
diesen lebte sie einige Jahre recht arm und demütig. Endlich fand sie Aufnahme in einem Zisterzienserkloster, wo sie das erbaulichste Leben führte, den Schwestern mit kindlicher Liebe
diente und unaufhörlich für die armen Sünder betete und büßte. Sie erklärte sich vor Gott bereit, ihr ganzes Leben in Trübsal zu verbringen, nur um den Bekümmerten Trost und den Sündern
Beistand leisten zu können. Der Grund aber, warum sie in ein Kloster ging, war hauptsächlich die öftere heilige Kommunion, die sie außerhalb des Klosters nicht so oft empfangen konnte.
Einst war sie mit der Priorin und einigen Klosterfrauen auf dem Land, um das Getreide zu ernten.
Hier konnte sie dann nicht so oft kommunizieren. Sie bekam daher, so oft sie die Wandlung
läuten hörte, ein ungemein sehnsüchtiges Verlangen nach dem Brot des Lebens. Da kam nun in der Nähe eine alte Frau zum Sterben
und wurde mit dem heiligen Sakramenten versehen; die Klosterfrauen wohnten der Andacht bei. Als aber der Priester die heilige
Hostie der Kranken auf die Zunge legte, war jene nicht mehr im Stande, sie zu genießen. Der Priester nahm bestürzt die nasse Hostie
wieder aus dem Mund der sterbenden Frau. Was aber dem Priester Angst machte, erfreute die fromme Ida mit seliger Hoffnung; sie
sprach: „Ich bitte mein Herr, beunruhige dich nicht, gib mir den Leib des Herrn, ich bin bereit, ihn zu empfangen!“ Der Priester war
froh, der Verlegenheit zu entkommen und reichte der gottseligen Jungfrau die Kommunion. Diese aber wurde dabei so übermannt,
dass sie den äußeren Sinnen entrückt einige Zeit am Boden lag. Am Tag des hl. Andreas sah sie einst, als bei der Wandlung der
Priester die heilige Hostie in die Höhe heilt, dass dieselbe gerade so rot leuchtete, wie die aufgehende Sonne und es gingen aus ihr
sieben Strahlen hervor, welche in ihr Herz hineinleuchteten und es mit den sieben Gaben des Heiligen Geistes erfüllten. Am nächsten
Tag sah sie nach der Wandlung die drei göttlichen Personen in einer einzigen Wesenheit wunderbar und unaussprechlich auf dem
Altar beisammen, nicht die ganze Dreifaltigkeit unter der Gestalt des Brotes, weil nur Jesus, die zweite Person Fleisch geworden ist,
sondern wie die anderen göttlichen Personen, Vater und heiliger Geist an dem lebendigen Sakrament des Altares mitwirken.
In der heiligen Weihnacht saß Ida krank in ihrer Zelle. Da nun der Priester bei der ersten Messe die heilige Hostie erhob, kam es ihr
vor, als sehe sie in seinen Händen ein außerordentliches, schönes, neugeborenes Kind. Bei diesen Anblick überkam sie Furcht und
Zittern, denn sie hatte nicht den Wunsch gehabt, den Herrn in menschlicher Gestalt zu erblicken, sie wollte glauben und nicht sehen.
Der Herr aber kannte wohl die Stärke ihres Glaubens und wollte sie deshalb nicht lange in Unruhe lassen; er ermahnte sie deshalb
innerlich alle Angst abzulegen. So blieb sie nun in ihrer Zelle sitzen mit seliger Freude übergossen über die wunderbare Erscheinung.
Später, als das zweite Amt gesungen wurde, ging Ida mit den anderen Klosterfrauen in die Kirche und setzte sich in einen Winkel des
Chores. Hier sah sie nun wieder in den Händen des Priesters ein Kind von unaussprechlicher Anmut und Schönheit. Da nun die
anderen kranken Schwestern zum Altar gingen, um zu kommunizieren, war Ida ein wenig erschrocken und zögerte, vorzutreten, aus
Besorgnis, sie könnte doch nicht ein lebendiges Kind essen. Sie flehte deshalb mit tiefer Inbrunst zu ihrem Heiland, dass er nach
seiner großen Güte diese Erscheinung von seinem heiligen Sakrament hinweg nehmen möge, damit sie ungehindert ihn empfangen
und in ihr Herz aufnehmen könne. So blieb sie nun bis zum dritten Amt, ohne den Leib des Herrn zu empfangen. Da sah sie nun
einen Knaben, der schon ein wenig erwachsen war und vom Altar sich näherte, sich ihr zuneigte und mit süßer Stimme sprach:
„Meine liebe Freundin ! Dass ich dir sichtbar die Gestalt der Menschheit in der Hostie zeige, geschieht nicht aus Zweifel an deinem
Glauben, sondern um meine Liebe dir zu zeigen.“ Da antwortete Ida in stillen Gedanken: „Oh Teuerster! Unendlich würde mein Herz
sich freuen, wenn du mir auch zeigen würdest, wie du in deiner Gottheit bist.“ Der liebliche Knabe Jesus antwortete: „Verlange dies
nicht, meine Tochter, weil kein Sterblicher in diesem Leben meine Gottheit schauen kann; wenn ich alles neu mache, und dich zu mir
genommen habe, wirst du die Glorie meiner Gottheit von Angesicht zu Angesicht sehen!“ Darauf bat Ida den geliebten Herrn, dass er
ihr gestatte, ohne Hindernis seinen heiligsten Leib zu empfangen, damit nicht die Schwestern Ärgernis nehmen, wenn sie an einem so
hohen Festtag nicht kommunizierte. Bald hörte die Erscheinung auf, und sie trat dann in allem Frieden zum Tisch des Herrn. Die
Fülle der wunderbaren Wonnen, womit sie an diesem Tag gleichsam berauscht wurde, dauerte in ihrer Seele an bis zum Tag von Maria Lichtmess.
Nachdem sie ihr 42. Lebensjahr erreicht hatte, starb sie in seliger Entzückung der himmlischen Liebe im Jahre 1231. Die Kirche
gedenkt ihrer am 12. Dezember jeden Jahres.
(leicht sprachlich überarbeitet übernommen aus: Ott, Georg, Eucharisticum, Regensburg, New York u. Cincinnati 1869, S. 190-191)
|