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Die heilige Katharina von Siena
(+ 29. April 1380)
Die am 25. März 1347 in Siena (Toscana, Italien) als 24. und vorletztes Kind des Färbermeisters Jacopo Benincasa und der Lapa Nuccio Piagenti geborene und bereits mit 33 Jahren am 29. April
1380 in Rom gestorbene Dominikaner-Terziarin ist von ihrem Landsmann Papst Pius II. am 29. Juni 1461 heiliggesprochen, von Papst Paul Vl. aber als erste Frau am 4. Oktober 1970 zur Würde einer
“Kirchenlehrerin” erhoben worden.
In seiner Ansprache bei der feierlichen Proklamierung der neuen Kirchenlehrerin wies Papst Paul VI.
u. a. auf die charismatische Weisheit dieser jungen Frau hin und und sagte: “Tatsächlich, welch starke Strahlen übermenschlicher Weisheit, welch drängende Mahnungen zur Nachahmung Christi in allen
Geheimnissen seines Lebens und Leidens, welch wirksame Unterweisungen über die Übung der
Tugenden, wie sie zu den verschiedenen Lebensständen gehören sollten, finden sich verstreut in den Werken dieser Heiligen (in ihrem
“Dialog über die göttliche Vorsehung”, in ihren Gebeten und in ihren 382 Briefen). Es gibt darin gleichsam Funken eines mystischen
Feuers, das in ihrem Herzen von der unendlichen Liebe, nämlich vom Heiligen Geist entzündet worden war.
Welche sind nun aber die charakteristischen Linien, die vorherrschenden Themen der aszetischen und mystischen Lehre der heiligen
Katharina? Uns dünkt, als ob sie in Nachahmung des ,ruhmreichen Paulus’(Dialog c. 11), von dem sie bisweilen sogar den kräftigen
und ungestümen Stil widerzustrahlen scheint, eine Mystikerin des menschgewordenen ewigen Wortes, vor allem des gekreuzigten
Christus sei; sie war eine Sängerin des Lobpreises auf die erlösende Kraft des anbetungswürdigen Blutes des Sohnes Gottes, das dieser
am Holz des Kreuzes mit dem ganzen Großmut seiner Liebe für das Heil aller Generationen der Menschheit vergossen hat (vgl. Dialog
c. 127). Dieses Blut des Erlösers aber sieht die Heilige dank des Dienstes der Priester ununterbrochen im Messopfer und in den
Sakramenten zur Reinigung und Verschönerung des ganzen mystischen Leibes Christi fliessen. Wir könnten Katharina darum auch die
Mystikerin des (eucharistischen und) mystischen Leibes Christi, der Kirche nennen.”
Nach solchen Worten Pauls VI. dürfen wir die heilige Katharina von Siena sicher mit vollem Recht unter die eucharistischen Heiligen
einreihen. Sie schätzte die Heilige Eucharistie über alles und lebte aus ihr, nicht bloß seelisch, sondern lange Zeit auch leiblich. Fast alle
charismatischen Begnadigungen bis hin zur Stigmatisierung, fast alle Visionen und Ekstasen wurden ihr während oder unmittelbar nach
dem Empfang der Heiligen Eucharistie zuteil. Auch die Bedeutung, Größe und Heiligkeit der Kirche sowie die Würde der Priester der
Kirche sah die heilige Katharina eigentlich nur im Zusammenhang mit der Heiligen Eucharistie und wegen der unsagbar großen
Erhabenheit und Heiligkeit der Eucharistie stellte sie an die Priester, denen die Verwaltung dieses hochheiligen Sakramentes anvertraut
ist, in einer bisweilen sehr harten Sprache die Forderung nach sittlicher Reinheit und Lauterkeit.
Katharina selbst hatte eine ganz innige Beziehung zur Heiligen Eucharistie. Sie eine nicht bloß - wenn es ihr irgendwie möglich war -
jeden Tag zur heiligen Messe, sondern empfing auch die heilige Kommunion für die damalige Zeit ungewöhnlich oft, ja eigentlich fast
täglich zum “Ärgernis” mancher Zeitgenossen. Sie wusste um die Größe des eucharistischen Geheimnisses und um die Notwendigkeit,
sich auf der Pilgerschaft in die himmlische Heimat mit diesem “Brot des Lebens, der Frucht des Blutes”, zu stärken. An den jungen
Maler Andrea Vanni, dem wir das einzige authentische Bildnis Katharinas verdanken, schrieb sie die ermunternden Worte über den
Empfang des “süßen Sakramentes”: “Saget nicht: Ich bin nicht würdig für ein so großes Mysterium; wenn ich mich einmal würdiger
fühle, werde ich es empfangen und kommunizieren.’ Nein, so soll man es nicht machen. Vielmehr sollte man stets bedenken, dass
man auf Grund eigener Gerechtigkeit freilich niemals würdig ist; und selbst wenn man sich auch als würdig erwiese, ohne die
entsprechende Demut wäre man dennoch unwürdig. Aber Gott ist würdig, uns würdig zu machen. Aus seiner Würde heraus sollen wir
die heilige Kommunion empfangen. Dies muss auf zweifache Weise geschehen: sakramental äußerlich und geistlich; in beiden Fällen
aber mit heiliger Wahrhaftigkeit und hingebender Sehnsucht. Das sehnsuchtsvolle Verlangen soll sich dabei nicht nur auf den
Augenblick der Kommunion beziehen, sondern soll zu jeder Zeit und an jedem Ort wirksam sein, so wie es die heilige Speise selber ist,
die man zu sich nimmt, um mit ihr für die Seele das Gnadenleben zu empfangen.”
Auf das unsagbar große, sehnsuchtsvolle Verlangen der heiligen Katharina nach der Vereinigung mit Christus,
ihrem Bräutigam in der heiligen Kommunion kommt ihr langjähriger Seelenführer und Beichtvater, der selige Raimund von Capua (+ 1399) mehrmals in der von ihm verfassten Biographie der Heiligen zu sprechen.
Katharina wollte durch die häufige Kommunion nicht nur mit dem Geist, sondern auch mit dem Leib ihres göttlichen Bräutigams vereint werden. “Denn sie wusste: Das hochheilige Sakrament des Leibes und Blutes
Christi bringt der Seele diese große geistliche Gnade der Vereinigung mit ihrem Heiland und Erlöser. Diese Vereinigung ist ja der Hauptzweck, zu dessen Bewirkung dieses Sakrament überhaupt eingesetzt worden ist.
Denn wer in Wahrheit diese heilige Speise genießt, wird sogleich mit dem Leib Christi verbunden und geeint. Um darum immer inniger mit diesem erhabenen Gegenstand ihrer Liebe verbunden und vereint zu werden,
beschloss Katharina, sooft als möglich die heilige Kommunion zu empfangen” (Vita, Nr. 124)
Im sanften Wehen des Heiligen Geistes wurde in Katharina von Tag zu Tag mehr das Feuer der Liebe
entzündet. Daraus leitete sich dann ihre Gewohnheit ab, fast täglich die heilige Kommunion zu empfangen, wenn sie nicht gerade durch Krankheit oder durch seelsorglichen Einsatz daran gehindert wurde. Aber die
Sehnsucht, den Herrn möglichst oft zu empfangen, war in ihr so groß, dass sie dann, wenn ihr die Stillung dieser ihrer Sehnsucht nicht
möglich war, bitteres Leiden durchmachen musste. Sie hat mir selbst gestanden und ich habe es auch aus den schriftlichen Unterlagen
meines Vorgängers als Beichtvater Katharinas ersehen, dass dann, wenn sie die heilige Kommunion empfangen hatte, eine Überfülle
von Gnaden und himmlischen Tröstungen in ihre Seele gesenkt wurden und dass sich dies dann auch auf ihren Leib auswirkte: ihr
Magen hatte kein Bedürfnis nach leiblicher Speise mehr, er konnte diese nur mit Widerwillen in sich aufnehmen und behalten, wenn
sie sich gezwungen hatte, leibliche Speise zu sich zu nehmen. Ihr ganzer Organismus hatte dann darunter zu leiden, weil ihr die Verdauung der zu sich genommenen Speise unmöglich geworden war.” (Vita Nr. 167)
“Immer mehr kam es dazu, dass durch die andächtig empfangene heilige Kommunion nicht bloß die Seele Katharinas, sondern auch
ihr Leib ernährt wurde und bei Kräften blieb... Ihr Beichtvater wollte von ihr wissen, ob sie dann, wenn sie die heilige Kommunion
nicht empfangen könne, im Magen Hungergefühl bekomme. Sie antwortete darauf: Wenn ich einmal das heiligste Sakrament nicht
empfangen kann, dann genügt mir zur Sättigung schon, dass ich dieses heiligste Sakrament wenigstens in meiner Nähe weiß und es
sehen kann, ja, sogar ein Priester, der dieses heiligste Sakrament berührt hat, bringt mir dann schon so viel Trost, dass jeder Gedanke, nach leiblicher Speise zu verlangen, schwindet.” (Vita Nr.170-171)
Der selige Raimund von Capua hat in seiner Biographie der heiligen Katharina von Siena dem 2. Buch noch ein 12. Kapitel mit der
Überschrift “Amante del sacramento” (Die Liebhaberin des heiligsten Sakramentes) angefügt. Hier schreibt er einleitend: “Alle, die
Katharina kannten, wissen mit mir, wie groß und hervorragend ihre Andacht zum hochheiligen Leib des Herrn war. Weil sie oft die
heilige Kommunion empfing, ging im Volk das Gerede, sie kommuniziere täglich und sie lebe davon und bleibe dabei bei guter
Gesundheit, ohne je eine andere Speise zu sich zu nehmen... Die Wahrheit aber ist, dass sie nicht jeden Tag kommunizierte, aber dass
sie sehr oft mit ganz großer Andacht das heiligste Sakrament empfing; und an dieser Häufigkeit haben gewisse gescheite Leute, die
mehr Philister als Christen sind, Kritik geübt.” (Vita Nr. 312) Raimund von Capua verteidigt dann die Oftkommunion,
beziehungsweise die tägliche Kommunion mit dem Hinweis auf Pseudo-Dionysius Areopagita, der sich in seinem Werk “Kirchliche
Hierarchie” dafür einsetze mit dem Hinweis auf die Apostelgeschichte (2,46), wo vom täglichen “Brotbrechen” der Christen der
Urkirche die Rede sei, dann mit dem Hinweis auf die Brotbitte im Gebet des Herrn (“Unser tägliches Brot gib uns heute”), die vielfach
auch vom täglichen Empfang des Himmelsbrotes verstanden worden sei; dann verweist er noch auf Kirchenväter, die lehren, dass
jeder Gläubige, der frei sei von Todsünden, nicht nur erlaubterweise, sondern auch verdienstvoller Weise dieses heilbringende
Sakrament empfangen könne. “Wer könnte demnach einer Person, die nicht nur wahrhaft christlich, sondern heilig lebt, verbieten,
häufig dieses Verdienst zu erwerben? Ich zweifle nicht daran, dass man jener Person das größte Unrecht zufügt, genauso wie man
jemandem, der das Gedächtnismahl der Passion des Herrn, beziehungsweise die Wegzehrung für die Pilgerfahrt zu empfangen
wünscht, dies verwehren würde. Das sei gesagt für jene, die da behaupten, es sei nicht jedem Gläubigen, auch nicht einem wahrhaft
Frommen und Vollkommenen, erlaubt, sich oft mit dem Leib des Herrn zu stärken, und sei gesagt gegen jene, die - ohne recht zu
wissen, was sie sagen - behaupten, es genüge der Kommunionempfang einmal im Jahr. Ich halte es da lieber mit der Heiligen Schrift als mit etwaigen wahrscheinlichen Vernunftargumenten.”
Raimund von Capua bringt dann noch jenes dem heiligen Augustinus zugeschriebene, aber von Gennadius von Marseille (in seinem
“Liber de ecclesiasticis dogmatibus” c. 22, PL 58/994) stammende Wort, das vielfach gegen die tägliche Kommunion vorgebracht
wurde, dass nämlich die tägliche Kommunion weder zu loben noch zu tadeln sei (“Quotidie Eucharistiae communionem accipere nec
laudo nec vitupero”). Der selige Raimund von Capua schreibt dazu: “Mir kommt diesbezüglich die Antwort in den Sinn, die in meiner
Gegenwart die heilige Katharina einmal einem Bischof gegeben hat, der sich auf dieses angebliche Augustinuswort berufen hatte, um
gegen die tägliche Kommunion zu argumentieren. Sie sagte ihm nämlich: Wenn der heilige Augustinus die tägliche heilige Kommunion
nicht tadelt, warum wollt dann Ihr sie tadeln? Ihr stellt Euch ja dann gegen ihn!- Der Dominikaner Raimund von Capua verweist in der
Frage nach der täglichen heiligen Kommunion dann noch auf den heiligen Thomas von Aquin, der sich in seiner Summa Theologica
11/q. 80” a. 10) darüber sehr klar geäußert hat. Schließlich stellt er von Katharina noch folgendes fest: “Wenn sie das sehnsuchtsvolle
Verlangen nach der heiligen Kommunion verspürte und dieses Verlangen nicht befriedigen konnte, litt sie auch körperlich mehr, als
wenn sie von ganz starken Schmerzen gemartert oder von tagelangem Fieber gequält würde.” Man habe leider damals - so bemerkt
der Selige - unklugerweise auf dieses Verlangen Katharinas oft nicht Rücksicht genommen und ihr die heilige Kommunion bisweilen in
sehr harter Weise verwehrt, er aber habe sie dann klüger behandelt und sei auf ihre Wünsche eingegangen. Wenn sie wieder das
ungestüme Verlangen nach der heiligen Kommunion in sich verspürte und ihn sah, pflegte sie nur zu sagen: “Pater, ich habe Hunger,
um der Liebe Gottes willen gebt meiner Seele die heilige Speise!” (Vita, Nr. 312-315).
Da werden dann vom seligen Raimund von Capua noch angeblich bestens bezeugte Fälle erzählt, in denen das glühende Verlangen der
heiligen Katharina nach der Vereinigung mit Christus im heiligsten Sakrament so groß war, dass es wie ein Magnet zu wirken begann
und die heilige Hostie dem zelebrierenden Priester bei der Spendung der heiligen Kommunion aus den Fingern glitt und unsichtbar oder
sogar auch sichtbar zur heiligen Katharina hinschwebte oder Christus selbst ihr die heilige Hostie in den Mund legte (vgl. Vita Nr. 381-324).
Wichtiger als diese angeblich wunderbaren Phänomene beim Kommunionempfang der heiligen Katharina ist die Tatsache, dass sogar
Papst Gregor XI. das ungestüme Verlangen der Heiligen nach der möglichst täglichen heiligen Kommunion respektierte und ihr das für
eine Frau ganz ungewöhnliche Privileg des “Altare portatile” (des Tragaltars) gewährte und erlaubte, dass sich in ihrer Gesellschaft
immer Priester mit voller Jurisdiktionsgewalt befänden, die ihr und den von ihr Bekehrten täglich die Beichte abnehmen und die heilige Kommunion reichen könnten (vgl. Vita Nr. 315).
Von den verschiedenen Berichten über das wunderbare Kommunizieren der heiligen Katharina, die hier ausführlich erzählt werden
könnten, sei nur einer herausgegriffen: Es war an einem 18. August: Katharina nahm an der heiligen Messe in der Kirche San
Domenico in Siena teil und wartete mit großem Verlangen auf die heilige Kommunion. Der Priester hatte gerade die heilige Hostie in
die Hand genommen und Katharina befohlen, die Worte zu wiederholen: “Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein
Dach...” Da hörte die Heilige die Stimme Christi, die zu ihr sprach: “Aber Ich bin würdig, dass du bei Mir einkehrst!” Als sie dann die
heilige Kommunion empfangen hatte, schien es ihr, als ob ihre Seele ganz und gar in den Herrn hineingenommen würde und
umgekehrt der Herr in ihre Seele und es war ihr so, wie es beim Fisch der Fall ist, der ins Wasser taucht und nun ganz vom Wasser
umgeben ist. Sie fühlte sich nun in Christus ganz hineingetaucht (vgl. Vita, Nr. 192). Diesen Vergleich bringt die Heilige selbst im Eingangskapitel ihres “Dialogs über die göttliche Vorsehung”
“Da die Seele bei der heiligen Kommunion inniger mit Gott vereint wird und sie seine Wahrheit tiefer erfasst - die Seele ist ja dann in
Gott und Gott in der Seele, wie der Fisch im Meer und das Meer im Fisch -, deshalb sehnt sie (Katharina) immer den Morgen herbei, um der heiligen Messe beiwohnen zu können.”
Die tiefsten Gedanken über das heiligste Altarssakrament hat die heilige Katharina von Siena dort in ihrem “Dialog über die göttliche
Vorsehung” niedergeschrieben, wo sie auf die Würde der Priester zu sprechen kommt und den unwürdigen Lebenswandel mancher
Priester tadelt. Auf ihre Bitte um Erbarmen für die heilige Kirche antwortet ihr Gott Vater mit folgenden ergreifenden Worten:
“Nun will ich dir beantworten, was du Mich über die Diener der heiligen Kirche gefragt hast. Ich will dir als erstes ihre Würde
schildern, zu der Ich sie in Meiner Güte erhoben habe. Diese Würde übertrifft noch die Liebe, die Ich allgemein für Meine Geschöpfe
hegte, indem Ich euch nach Meinem Bild und Gleichnis schuf und im Blute Meines eingeborenen Sohnes neu zur Gnade erschuf.
Durch die Einigung, die Meine Gottheit mit der menschlichen Natur einging, gelangtet ihr zu solcher Vorzüglichkeit, dass ihr die Engel
an Würde und Erhabenheit überragt, da Ich eure Natur annahm und nicht die des Engels. Somit wurde Gott Mensch und der Mensch
wurde Gott durch die Vereinigung Meiner göttlichen Natur mit eurer menschlichen. Diese Würde ist im allgemeinen jedem Geistwesen
verliehen; unter diesen aber habe Ich Meine Diener auserwählt, damit euch durch sie das Blut des demütigen und unbefleckten Lammes, Meines eingeborenen Sohnes, gespendet werde. Ihnen übertrug Ich es,
die (eucharistische) Sonne zu verteilen, indem Ich ihnen das Licht der Wissenschaft, die Glut der göttlichen Liebe und die mit dieser Glut und diesem Licht gemeinsame Farbe verlieh,
nämlich das Blut und den Leib Meines Sohnes. Dieser Leib ist eine Sonne, weil er eins ist mit Mir, der wahren Sonne, so sehr eins,
dass Wir nicht voneinander geschieden noch getrennt werden können, so wenig sich bei der Sonne ihre Glut von ihrem Licht, noch das Licht von ihrer Farbe abtrennen lässt. Beide sind vollkommen eins.
Die Sonne spendet, ohne sich von ihrer Scheibe zu trennen und sich zu teilen, der gesamten Welt und jedem einzelnen, der von ihr
erwärmt werden will, Licht und Wärme; kein Schmutz kann sie beflecken, und ihr Licht ist ganz eins. So ist auch dieses Wort, Mein
Sohn, und sein sanftes Blut eine Sonne, ganz Gott und ganz Mensch, da er ein Einziges ist mit Mir und Ich mit ihm. Meine Macht ist
von seiner Weisheit nicht zu trennen, und die Glut, das Feuer des heiligen Geistes, ist weder von Mir, dem Vater, noch von ihm, dem
Sohn, geschieden, denn der Heilige Geist hat ein Einziges mit Uns, da er von Mir, dem Vater, und von ihm, dem Sohn, ausgeht und Wir eine einzige Sonne sind.
Der Leib Meines eingeborenen Sohnes ist eine Sonne.
Er kann euch nicht gereicht werden ohne das Blut, das Blut nicht ohne die Seele dieses Wortes, und Seele und Leib nicht ohne Meine, des ewigen Gottes Gottheit, weil keines vom andern zu trennen ist.
Denn die göttliche Natur löst sich nie von der menschlichen, weder durch den Tod noch durch sonst etwas. So wird euch
in diesem süßen Sakrament in dem weißen Brot die ganze göttliche Wesenheit mitgeteilt. Und so wenig die Sonne sich teilen lässt,
genausowenig das Ganze von Gott und Mensch in der weißen Hostie. Doch gesetzt, die Hostie wird geteilt, und es wäre möglich,
tausendmal tausend Stückchen daraus zu machen: in jedem Stückchen wäre doch der ganze Gott und der ganze Mensch enthalten, so
wie in einem geteilten Spiegel immer das ganze Bild erscheint. Oder wie - um ein anderes Beispiel zu nehmen - das Feuer ungeteilt
bleibt: Nimm an, du trügest ein brennendes Licht, und die ganze Welt träte herzu, sich daran zu entzünden: es würde nicht vermindert,
und doch besäße jeder das Licht ganz. Zwar holt sich der eine mehr davon als der andere, je nach dem Brennstoff, den er mitbringt.
Gesetzt viele Leute trügen Kerzen herbei, dieser für eine Unze, jener für deren zwei oder sechs, der hier eine pfündige Kerze, der dort
eine noch schwerere, und sie kämen zur Flamme, um ihre Kerzen anzuzünden: man sähe an jeder Kerze, den großen wie den kleinen,
immer die ganze Flamme, was Glut, Farbe und Helligkeit betrifft. Trotzdem wirst du behaupten, dass der weniger hat, der bloß eine Unzenkerze bringt, als jener, der mit der Pfundkerze daherkommt.
So geht es auch denen, die das heilige Sakrament empfangen: jeder bringt seine Kerze herbei, nämlich die heilige Sehnsucht, mit der er
es empfängt. Aus sich selber ist seine Kerze lichtlos, aber durch den Empfang des Sakramentes wird sie entzündet. Lichtlos, sage Ich,
weil ihr aus euch selber nichts seid, obwohl es wahr ist, dass Ich euch den Stoff gegeben habe, womit ihr in euch dieses Licht nähren
und erhalten könnt. Euer Stoff ist die Liebe, denn Ich schuf euch aus Liebe, und darum könnt ihr ohne Liebe nicht leben... Ich habe
die Seele erschaffen und liebesfähig gemacht, und zwar so sehr, dass sie ohne Liebe nicht leben kann: die Liebe ist ihre Speise. So
groß aber wird euer Anteil am Licht sein, das heißt an der Gnadengabe des Sakramentes, als die Sehnsucht groß ist, mit der ihr euch
bereitmacht, es zu empfangen. Wer sich mit einer Todsünde dem süßen Sakrament nahte, der empfinge keine Gnade, wenn er auch
tatsächlich den ganzen Gott und Menschen aufgenommen hat. Weißt du, wie es einer Seele ergeht, die das Sakrament unwürdig
empfängt? Wie einer Kerze, die euch ins Wasser fiel und nur noch zischt, wenn man sie in die Nähe des Feuers bringt. Sobald sie das
Feuer fasst, erlischt sie schon wieder, und nichts bleibt als nur Rauch. So trägt diese Seele wohl ihre Kerze herbei, die sie in der
heiligen Taufe empfangen hat, aber das Wasser der Schuld ergoss sich darauf und netzte den Docht der Taufgnade. Und weil die
Seele ihn nicht am Feuer wahrer Reue getrocknet hat durch Bekenntnis ihrer Schuld, tritt sie zum Altar, um das Licht zwar äußerlich,
nicht aber dem Geiste nach zu empfangen. Sie hat sich nicht, wie es einem so großen Geheimnis geziemt, vorbereitet. Darum bleibt
auch das wahre Licht nicht gnadenhaft in ihrem Innern, sondern lässt sie stehen und sie bleibt in noch größerer Verwirrung zurück,
lichtlos in der Finsternis und mit noch schwererer Schuld beladen. Sie gewinnt durch den Empfang (der heiligen Kommunion) nichts
als nur heftige Gewissensbisse, nicht weil etwa das Licht versagt hätte, das in keiner Weise beeinträchtigt werden kann, sondern wegen
des Wassers der Schuld, das sich in der Seele vorfand und ihr Liebesstreben hemmte, so dass sie kein Licht empfangen konnte. Du
siehst: die Flamme, in welcher Glut und Farbe und Licht geeint sind, lässt sich nicht teilen, weder infolge des geringen Verlangens der
Seele beim Empfang des Sakramentes, noch durch die Mängel, die sie vielleicht an sich hat, noch durch die des Spenders, wie schon
anlässlich der Sonne erhellte, die auch den Schmutz bescheint, sich aber damit nicht befleckt. Ebensowenig wird die süße Flamme im
Sakrament durch irgend etwas befleckt, noch teilt und mindert sich ihr Licht, noch löst es sich aus seiner Bahn, selbst wenn die ganze
Welt an Licht und Wärme dieser Sonne teil gewänne. Und so trennt sich auch das Wort, die Sonne, Mein eingeborener Sohn nicht von
Mir, der Sonne und dem ewigen Vater, obwohl Er im mystischen Leib der heiligen Kirche jedem ausgespendet wird, der Ihn
empfangen will: als Ganzer bleibt er euch und als Ganzen habt ihr ihn, Gott und Mensch, wie im Beispiel der Flamme: auch wenn die ganze Welt sich mit Licht versähe, alle haben es ganz, und es selbst bleibt ganz.
O mein liebes Kind, öffne gut das Auge deines Geistes und blicke in den Abgrund Meiner Liebe. Es gibt kein Geistwesen, dessen Herz
nicht zerfließen müsste beim Anblick der Wohltat, die ihr neben vielen anderen in diesem Sakrament von mir erhalten habt. Mit
welchen Augen, liebstes Kind, müsst ihr, du und die übrigen, dieses Geheimnis anschauen, betrachten und berühren? Und nicht bloß mit dem leiblichen Getaste und Gesicht, denn hier versagen alle körperlichen Sinne.
Du siehst, das Auge nimmt nichts weiter wahr als die Weiße des Brotes, die Hand berührt nichts und der Geschmack schmeckt nichts
als Brot, also werden die groben leiblichen Sinne getäuscht: nicht aber das Gespür der Seele, sofern sie es nicht selber will und sich durch Untreue des Lichtes des heiligen Glaubens beraubt.
Wer schmeckt, wer sieht und wer berührt dieses Sakrament? Die Sinne der Seele. Denn mit welchem Auge wird dieses Sakrament gesehen? Mit dem Auge des Geistes, sofern der heilige Glaube die
Pupille dieses Auges ist. Es sieht in jener Weiße den ganzen Gott und den ganzen Menschen, die göttliche Natur mit der menschlichen
vereint, Christi Leib, Seele und Blut; es sieht die Seele vereint mit dem Leib, Seele und Leib aber eins mit Meiner göttlichen Natur und niemals gelöst von ihr.
Und wer darf dieses Sakrament berühren? Die Hand der Liebe! Mit ihr ertastet man, was das Auge in
diesem Sakrament gesehen und erkannt hat. Im Glauben berührt man es mit der Hand der Liebe, gleichsam um sich dessen zu vergewissern, was man im Glauben sah und geistigerweise erkannte. Und
wer schmeckt dieses Sakrament? Der Geschmack des heiligen Verlangens! Der leibliche Geschmacksinn schmeckt das Brot, die Seele aber schmeckt Gott und Mensch. Also siehst du,
dass die Sinne des Leibes hier getäuscht werden, nicht aber die der Seele.
Betrachte nun, liebes Kind, wie hoch die Seele erhoben wird, die dieses Lebensbrot, die Speise der Engel gebührend empfängt! Durch
den Empfang bleibt sie in Mir und Ich in ihr; wie der Fisch im Meer weilt und das Meer im Fisch, so bin Ich in der Seele und die Seele
in Mir, einem Meer des Friedens. In einer solchen Seele bleibt die Gnade. Ist die äußere Substanz des Brotes verzehrt, so belasse Ich
in euch den Abdruck Meiner Gnade gleich einem Siegel im warmen Wachs. Entfernt man das Siegel, so bleibt dessen Prägung; ebenso
bleibt in der Seele die Kraft des Sakramentes, die Glut der göttlichen Liebe, die Süße des Heiligen Geistes; es bleibt das Weisheitslicht
Meines eingeborenen Sohnes, der euer Geistesauge mit seiner Weisheit erleuchtet hat, damit ihr die Lehre und Weisheit Meiner
Wahrheit erkennt und versteht. Die Seele bleibt stark, weil sie teilhat an Meiner Stärke und Macht; denn Ich bin es, der sie kräftigt im
Kampf gegen ihre sinnliche Leidenschaft, gegen Teufel und Welt. Liebstes Kind, das alles solltest du erfahren, um besser die Würde
zu erkennen, zu der Ich Meine Diener erhoben habe, und um dich noch tiefer über ihre Armseligkeit zu betrüben. Würden sie selber
diese ihre Würde beachten, sie lägen nicht in der Finsternis der Todsünde und beschmutzten nicht das Antlitz ihrer Seele . ... Von
jeder Seele fordere Ich Reinheit und Liebe zu Mir und zum Nächsten und dass sie dem Mitmenschen nach Kräften helfe, ihm mit Gebet beistehe in gegenseitiger Liebe.
Aber weit größere Reinheit und Liebe zu Mir und zum Nächsten verlange Ich von Meinen Dienern, die den Leib und das Blut Meines
eingeborenen Sohnes in brennender Liebe und im Verlangen nach dem Heil der Seelen ausspenden sollen zu Ehre und Lob Meines
Namens. Ich will, dass sie sich ihren Leib als Werkzeug der Seele in lauterster Reinheit bewahren. Ich verbiete, dass sie sich vom
Schmutz der Unkeuschheit nähren und sich darin wälzen... Auf Grund ihrer Schuld sind sie grausam gegen sich selbst und sind es
auch gegenüber der Seele des Nächsten, weil sie ihm das Beispiel des Lebens vorenthalten und sich nicht darum kümmern, die Seelen
dem Teufel zu entreißen und ihnen Leib und Blut Meines eingeborenen Sohnes und darin auch Mich, das wahre Licht, in den übrigen Sakramenten der heiligen Kirche auszuspenden.”
Wahrlich, die heilige Katharina von Siena kann mit vollem Recht eine Mystikerin der Heiligen Eucharistie, vor allem eine Mystikerin
des kostbaren Blutes Jesu Christi genannt werden. Konnte sie dem Messopfer beiwohnen und dabei kommunizieren, so verweilte sie
anschliessend noch stundenlang in ekstatischer Vereinigung mit ihrem Bräutigam Christus, der sich mit ihr in mystischer Weise verlobt
und vermählt und den Herztausch mit ihr vorgenommen hat. Bei der heiligen Kommunion fühlte sie bisweilen, als ob sie wirklich
Fleisch esse und sich ihr Mund ganz mit Blut gefüllt habe, “wobei dann eine unsagbar beglückende Süßigkeit in ihrem Mund zurückblieb”.
Wenn die heilige Katharina in ihren Briefen neben dem Lobpreis auf das süße, erhabene, hochheilige Sakrament des Leibes Christi auf
sein Blut zu sprechen kommt, so bricht sie dabei bisweilen in ein hymnisches Lob aus, wie es über das Blut des Erlösers mit solcher
Begeisterung wohl nie zuvor angestimmt worden ist. Die vielleicht schönsten Worte über das kostbare Blut hat Katharina in einem
Brief an ihren Beichtvater, den seligen Raimund von Capua gefunden. Hier preist sie in dichterischem Schwung das Blut des
Gotteslammes so: “O heiliges Blut, das Tote erweckt und Leben spendet und die Finsternis von den erblindeten Seelen der
vernunftbegabten Geschöpfe vertreibt und Licht gibt! Süßes Blut, das die Uneinigen eint, die Nackten bekleidet, die Hungernden nährt,
die Durstigen tränkt, du erquickst die Kleinen, die sich in wahrer Demut klein gemacht haben und in wahrer Reinheit schuldlos
geblieben sind, mit der Milch deiner Süßigkeit! O Blut, wer wird von dir nicht berauscht?!”
Niemals näherte sich die Heilige dem heiligsten Sakrament und dein Tisch des Herrn, ohne dass ihrem Geist dabei viele übernatürliche
Dinge gezeigt wurden. Sie sah in der heiligen Hostie oft die Gestalt Jesu Christi, bisweilen aber schaute sie darin einen Feuerherd,
wobei das Feuer den Priester, der die heilige Hostie in Händen hielt, ganz einhüllte. Oft kam es, wenn sie die heilige Kommunion
empfangen hatte, auch vor, dass sie von einem ganz eigenartigen Wohlgeruch umgeben war und diesen ausströmte. Wenn sie das
heiligste Sakrament sah oder empfing, erzeugte das in ihrer Seele immer eine unbeschreibliche Freude, die bisweilen so groß wurde,
dass ihr das Herz zu springen drohte. Dabei klangen aus ihrem Innern dann auch wundersame, harmonische Töne, die von den sie
umgebenden Personen vernommen wurden und die von ganz anderer Art waren als die Töne, die der menschliche Organismus von
sich gibt. Dazu bemerkt der selige Raimund von Capua in seiner Biographie der heiligen Katharina von Siena: “Schließlich sei das ja
gar nicht zu verwundern bei einem ganz und gar gottverbundenen Menschen, wo doch auch der Psalmist im Psalm 83,33 von sich sagt: ‚Mein Herz und mein Fleisch jubeln auf in dem lebendigen Gott!’”
Kurz vor ihrem Tod am 29. April 1380 fasste die heilige Katharina von Siena in einem Gebet, das vom 18.
Februar 1379 datiert ist, ihre dankbare Liebe zum eucharistischen Glaubensgeheimnis noch in folgenden Worten
zusammen:” O erhabene, ewige Dreifaltigkeit, du unschätzbare Liebe, wenn Du zu mir sagst: Tochter’, so sage ich
zu Dir: Höchster, ewiger Vater! Und wenn Du mir Dich selber schenkst beim Kommunizieren des Leibes und Blutes Deines eingeborenen Sohnes, der in der heiligsten Eucharistie ganz als Gott und ganz als Mensch zugegen
ist, so bitte ich Dich, Du unschätzbare Liebe, Du mögest mich kommunizieren auch mit dem mystischen Leib der
heiligen Kirche und dem universellen Leib der christlichen Religion. Im Feuer Deiner Liebe habe ich erkannt, dass
Du willst, dass meine Seele sich an dieser heiligen Speise erfreue.” Wie richtig hat doch Papst Paul VI. die heilige
Katharina von Siena eine Mystikerin des eucharistischen und des mystischen Leibes Christi genannt! Die Kirche
aber betet mit vollem Recht am Fest der heiligen Katharina in der Eucharistiefeier: “Allmächtiger, ewiger Gott, Du
hast der heiligen Katharina von Siena das Leiden Christi und die Wunden seiner Kirche vor Augen gestellt. Im Dienste an der Kirche wurde ihre Liebe zu einem lodernden Feuer... Das Brot des Himmels hat auf wunderbare
Weise auch das leibliche Leben dieser Heiligen genährt; uns sei dieses heiligste Sakrament die Speise für das ewige
Leben, nachdem sie uns bereit gemacht hat, die Leiden der Kirche mitzutragen, damit einst Christi Herrlichkeit an uns offenbar werde!”
(leicht verändert entnommen aus: Holböck, Ferdinand, Das Allerheiligste und die Heiligen, Stein am Rhein ²1986, S. 158-169)
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