Die heilige Maria Michaela vom Heiligsten Sakrament Desmaisieres
(+24.8.1865)
Eine adelige Spanierin, die in ihren letzten Lebensjahren von den bedeutendsten
Bischöfen Spaniens in der damaligen Zeit wie eine zweite Teresa von Avila geschätzt, vorher aber jahrelang viel verleumdet und geschmäht worden war, ist wohl neben dem
französischen heiligen Peter Julian Eymard die bedeutendste Heilige der Eucharistie im 19. Jahrhundert: Maria Michaela vom Heiligsten Sakrament.
Sie wurde am 1. Januar 1809 in Madrid als Kind einer adeligen Familie aus dem
Grafengeschlecht derer von Vega de Pozo und Llanos de Alguazas geboren.) Schon als Kind zeigte sie große Liebe zu den Armen und eine auffallend große Andacht zum
eucharistischen Heiland. Selbst noch ein Kind unterrichtete sie arme Kinder im Katechismus, führte sie sonntags zur heiligen Messe und bereitete sie auf den
Sakramentenempfang vor, kleidete sie und brachte sie bei guten Familien unter.
Als 1834 in Guadalajara die Cholera wütete, besuchte sie die Kranken, betete mit ihnen und teilte unter sie Medikamente,
Nahrungsmittel und Tausende von Kleidungsstücken aus.
Aus Rücksicht auf ihre adelige Familie musste sie, so peinlich es ihr war, an gewissen Vergnügungen und Festlichkeiten teilnehmen
und dabei kostbare Kleider anziehen; aber sie trug unter diesen ein rauhes Busskleid und bemühte sich, bei den Partys, Bällen und
Schauspielen im Gedanken an Christus in der Heiligen Eucharistie in seiner Gegenwart zu wandeln. Sie gestand selbst später, dass sie
schon in diesen Jahren der Jugend fünf bis sechs Stunden dem Gebet obliegen konnte, ohne Müdigkeit zu verspüren oder irgendeiner Zerstreuung nachzugeben.
Auf den Rat ihres Beichtvaters ging die junge Gräfin täglich zum Tisch des Herrn und zwar in folgender Meinung: Am Sonntag, um
dem Geheimnis der heiligsten Dreifaltigkeit zu huldigen; am Montag, um die Seelen im Fegfeuer zu erquicken; am Dienstag zu Ehren
der heiligen Engel; am Mittwoch zu Ehren des heiligen Joseph; am Donnerstag zum Dank für die Einsetzung der Heiligen Eucharistie;
am Freitag zum sühnenden Gedenken an das bittere Leiden Jesu; am Samstag zu Ehren der jungfräulichen Gottesmutter.
Schon in der Jugend bemühte sich die junge Gräfin, gleichgesinnte Freundinnen dazu zu gewinnen, täglich abwechselnd eine Stunde
lang vor dem Allerheiligsten Anbetung zu halten und die verlassenen Kranken in den Spitälern zu besuchen.
Im Jahre 1844 lernte die junge Gräfin bei einem Krankenbesuch im Johannes-von-Gott-Spital in Madrid ein krankes Mädchen kennen
, das auf schiefe Bahn geraten war, durch ihre Hilfe aber wieder auf den rechten Weg zurückfand. Durch diesen konkreten Fall
angeregt schuf Maria Michaela am 21. April 1845 ein Institut zur Betreuung gefährdeter und gefallener Mädchen, das sie einem Komitee von sieben Frauen anvertraute.
Als Maria Michaela in den folgenden Jahren zusammen mit ihrem Bruder am Königshof von Paris und dann in Brüssel weilte und in
dieser Zeit zur Gräfin von Jorbalän erhoben worden war, setzte sie trotzdem die in Madrid begonnene Lebensweise fort. Im April
1847 machte sie unter Leitung des Jesuiten P. Eduardo José Rodriguez de Carasa Exerzitien. Wenig später, am Pfingstfest, 23. Mai
1S47 empfing sie in der Pariser Kirche St. Philippe du Roule eine Gnade, die den Anfang brachte für ihr charismatischmystisches,
ganz auf die Heilige Eucharistie ausgerichtetes und dabei doch immer auf das caritative Apostolat tendierendes geistliches Leben. Sie
hatte von da an ein ganz lebhaftes Gespür für die Realpräsenz Christi in der Heiligen Eucharistie. Daraus erwuchs wieder in ihr ein
grenzenloses, total auf Christus sich verlassendes Vertrauen, so dass sie wusste: der Heiland in der Heiligen Eucharistie hilft mir über
alle Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich meinem apostolischen und caritativen Wirken entgegenstellen, ganz sicher hinweg! Gott schenkte ihr in dieser Zeit auch das Charisma der Herzensschau und der Prophetie.
Im November 1847 erlebte Maria Michaela in Paris den Ausbruch der Revolution: König LouisPhilippe
musste unter Lebensgefahr mit seiner Familie fliehen. Der Erzbischof von Paris wurde, als er auf einer Barrikade zum Frieden aufrief, ermordet, Paläste und Magazine wurden geplündert, Maria Michaela
selbst entging nur durch besonderen Schutz Gottes dem Tod. Mitten in diesen Schreckenstagen gelang es ihr dennoch, täglich die heilige Messe mitzufeiern und zu kommunizieren; sie schritt mutig über
Trümmer und Gräben und durch die revolutionären Banden hindurch. Was sie in diesen Tagen erlebte, bestärkte sie in der Geringschätzung der Güter dieser Welt; sie entschloss sich nicht nur, ihre Ausgaben
auf das Minimalste zu reduzieren und das so Ersparte für Arme und Kranke zu verwenden, sie wollte nun auch in einen caritativen Orden eintreten. Das aber wurde ihr durch ihre Familienangehörigen
unmöglich gemacht und auch vom Beichtvater untersagt.
Maria Michaela kehrte schließlich nach Madrid zurück. Dort befand sich damals das von ihr gegründete
Institut für gefährdete und gefallene Mädchen in einer miserablen Situation. Darum stellte sie sich an
dessen Spitze, um ihm neue Impulse zu geben. Sie wollte das Institut fremden Ordensschwestern anvertrauen; das aber misslang.
1850 hörte sie bei einer heiligen Kommunion die Worte Jesu: "Ich will dich selbst in Meinem Werk!" Darauf verließ sie endgültig die
Welt und begann die Gründung einer Ordensgemeinschaft, in die sie nun alle ihre Kräfte und auch die noch vorhandenen finanziellen Mittel investierte.
Die Aufbaujahre der Ordensgemeinschaft waren angefüllt von Verleumdungen, Beleidigungen und Bedrohungen; man legte Feuer am
Erziehungsheim und suchte seine Gründerin zu ermorden. Auch fromme Leute und Vertreter der Kirche sprachen dem Werk Maria
Michaelas Sinn, Bedeutung und Berechtigung ab und machten sich die gegen sie ausgestreuten Verleumdungen zu eigen.
Erst als der bisherige Beichtvater Maria Michaelas, P. E. J. R. Carasa starb und der heilige Antonius Maria Claret 1857 die
Seelenführung Maria Michaelas übernahm, wurden die größten Schwierigkeiten, die ihrem Werk entgegenstanden, überwunden. Es
stellten sich in der neu gegründeten Ordensgemeinschaft und in der Erziehungsarbeit an den gefährdeten und gefallenen Mädchen die
ersten Erfolge ein, so dass am 25. April 1858 der Kardinal-Erzbischof von Toledo die von Maria Michaela vom Heiligsten Sakrament,
so nannte sie sich jetzt verfassten Konstitutionen der Kongregation der "Dienerinnen des Heiligsten Sakramentes und der Liebe"
("Comunidad de Senoras Adoratrices Esclavas del Santissimo y de la Carida") gutgeheißen wurden. Zwei Tage darauf, am 27. April
1858, wurde Maria Michaela vom Heiligsten Sakrament zur Generaloberin des Institutes ernannt. Am 15. September 1860 stellte
Papst Pius IX. das "Decretum laudis" aus, am 23. September wurden die Konstitutionen des Institutes "ad experimentum" auf fünf
Jahre von der Religiosenkongregation in Rom approbiert, am 24. November 1866 folgte die endgültige Approbation des Institutes und
seiner Konstitutionen. Ziel dieser Ordenskongregation, die sich noch zu Lebzeiten der Gründerin mächtig ausbreitete und heute in
Europa und Amerika rund 2000 Mitglieder zählt, ist 1. die immerwährende Anbetung des heiligsten Altarssakramentes und 2. die Betreuung und Erziehung gefährdeter und gefallener Mädchen.
Erleuchtung und Stärke für ihr caritatives und apostolisches Wirken sollten sich die Angehörigen der Kongregation immer aus der
heiligen Kommunion und aus der Anbetung Christi in der Heiligen Eucharistie holen. So hielt es ja die heilige Gründerin der
Kongregation ihr Leben lang, die sich immer, wenn sich scheinbar unüberwindliche Hindernisse ihrem Wirken entgegengestellt hatten,
vertrauensvoll an den Heiland im Tabernakel gewandt hatte, der ihr stets über alle Schwierigkeiten hinweghalf, auch in den
schwersten Jahren, in denen die Verführer der gefallenen Mädchen der Heiligen nach dem Leben trachteten, sie mit Verleumdungen
und Beschimpfungen überhäuften. Immer, auch wenn für ihre Werke die finanziellen Mittel auszugehen drohten, suchte und fand die
heilige Maria Michaela vom Heiligsten Sakrament oft auf ganz wunderbare Weise Schutz und Kraft, Rat und Hilfe beim
eucharistischen Heiland. Darum hatte sie ja ihr Institut ganz und gar unter den Schutz des heiligsten Altarssakramentes gestellt. Man
hatte sie spöttisch "Madre Sacramento" ("Mutter Sakrament") genannt, doch wurde das eigentlich ihr schönster Ehrentitel, denn ganz
Mutter war sie den von ihr und ihren Schwestern betreuten gefährdeten und gefallenen Mädchen, und das "Sakrament" schlechthin,
das heiligste Sakrament der Eucharistie, in welchem der Gottmensch Jesus Christus wahrhaft, wirklich und wesentlich gegenwärtig ist,
war in ihrem Frömmigkeitsleben ihr Eins und Alles. Sie wollte diese eucharistische Haltung auch ihrer Ordenskongregarion einimpfen.
Darum wollte sie, dass sich die Schwestern, wenn sie sich begegnen, gegenseitig grüßen mit dem Gruss: "Hochgelobt und gebenedeit
sei das allerheiligste Sakrament des Altares von nun an bis in Ewigkeit!". Zu ihrer Ordenstracht sollte eine auf der Brust eingestickte
Monstranz gehören, alle gemeinsamen Übungen der Schwestern sollten mit einem Lobspruch auf die Heilige Eucharistie beginnen und
schließen, an allen Donnerstagen sollten die Schwestern zu Ehren des Allerheiligsten und zur Sühne für die dem Herrn im heiligsten Sakrament zugefügten Beleidigungen fasten.
Auf eine besondere Erleuchtung hin, die ihr vor dem Allerheiligsten zuteil wurde, führte die heilige Maria Michaela vom Heiligsten
Sakrament am 8. Dezember 1859 in ihren Häusern die ewige Anbetung ein; sie sagte zu ihren Schwestern: "Suchen wir Jesus, dem
Gefangenen der Liebe im Tabernakel, Sühne zu leisten für so viel Verlassenheit und Ehrfurchtslosigkeit vonseiten der Menschen!"
Die Heilige pflegte von ihren vielen Arbeiten und Sorgen immer zu Füssen des Herrn im Tabernakel auszuruhen, wo sie stundenlang,
immer auf den Knien, ausharrte. Ihre ganze eucharistische Haltung und Frömmigkeit fand den bezeichnenden Ausdruck in dem
Ausspruch: "Das heiligste Sakrament ist mein Leben und, wenn ich es ausgesetzt sehe, bin ich das glücklichste Geschöpf auf Erden!"
Ein anderer vielsagender Ausspruch der Heiligen in ihren hinterlassenen Schriften ("Favores divinos" und "Reglamento interior")
lautet: "Senden wir mehrmals am Tag einen Liebesgruß zu allen Tabernakeln der Welt und opfern wir dort zugleich unser Herz!"
Maria Michaela vom Heiligesten Sakrament machte wortwörtlich Ernst damit, als in Valencia, wo sie damals weilte, 1865 die Cholera
ausbrach. Sie tröstete und stärkte ihre in der Pflege der Cholerakranken sich aufopfernden Schwestern. Dabei wurde sie selbst von der Cholera angesteckt, an der sie am 24. August 1865 starb.
Am 7. Juni 1925 wurde diese eucharistische Heilige der Liebe von Papst Pius XI. selig und schon am 4. März 1934 heiliggesprochen.
(entnommen aus: Holböck, Ferdinand, Das Allerheiligste und die Heiligen, S. 361-365)
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