Maria wurde um 1177 als Tochter einer reichen
Familie in Nivelles geboren. Sie fühlt sich schon in jungen Jahren aus Protest gegen den Materialismus und das Wohlstandsdenken ihrer Umgebung zur Nachfolge des armen Jesus hingezogen. Um sie
davon abzubringen, wurde sie im Alter von 14 Jahren mit einem jungen Mann namens Johannes verheiratet. Johannes aber teilte die Sehnsüchte seiner Gattin ganz und gar. Beide verschenkten
nach und nach ihr Vermögen an die Armen und Kranken und ließen sich zuletzt in der Aussätzigensiedlung Willenbroeck am Stadtrand von Nivelles in eine Hütte nieder. Von dort aus
pflegten und dienten sie den am furchtbarsten leidenden Kranken, eben den Aussätzigen. Nach zwölf Jahren zog sich Maria im Einvernehmen mit ihren Mann ganz in die Stille und Einsamkeit in die
Einsiedelei Oignies beim Augustinerkloster von Aiseau-sur-Sambre zurück.Dort lebte sie den letzten Abschnitt ihres kurzen, nur 37 Jahre währenden Lebens mit einem Kreis gleichgesinnter Frauen, die sie um sich
gesammelt hatte. Sie reifte in der Kraft der heiligen Eucharistie zu einer charismatisch reich begnadeten Mystikerin heran. Maria verbrachte viele Stunden
bei Tag und bei Nacht anbetend vor der heiligen Eucharistie, die damals noch in einer Pyxis meist in Form einer Sakramentstaube an Ketten über dem Altar hin. Einmal riet
sie einem Mann, der in großer Seelennot zu ihr gekommen waren, doch recht nahe zum gegenwärtigen Herren hinzuzutreten und ihm seinen Kummer zu klagen. Der Mann
erlebte dann, dass sich die Sakramentstaube mit dem Allerheiligsten über sein Haupt senkte und die Nähe des Herrn ihn wunderbar tröstete. Einige Tage vor ihrem
Sterben ließ sie sich in die Kirche vor den Altar mit dem Allerheiligsten tragen. Dort starb sie mit Hymnen der Anbetung für den eucharistischen Heiland auf den Lippen
am 23. Juni 1213. Die eucharistische Frömmigkeit der seligen Maria von Oignies beeinflusste viele Frauen in Flandern und Brabant. Viele im 13. Jahrhundert dort
lebende Frauen waren von der Andacht zum sakramentalen Christus tief erfasst worden. Es entstand eine Bewegung, die weitere Auswirkungen hatte und in der
Einführung des Fronleichnamsfestes ihren Höhepunkt erreichte. Maria von Oignies und der Kreis, der sich um sie bildete, Beginen, Zisterzienserinnen und
Augustinerinnern führten ein asketisch-mystisches Leben, das von der Sakramentsverehrung seine Kraft empfing. Odilia und Juliana von Lüttich, Christina
von St. Trond, Ida von Löwen, Adelaide von Schaerbeek, Maria und Ida von Nivelles, Hadewijk und Beatrix von Nazareth geben Zeugnis dafür. Angeregt war diese
Andacht zum Teil durch die Anbetung der in der heiligen Messe empor gehobenen Hostie, die damals aufkam und sich rasch verbreitete. Teilweise wurde sie aber auch
als Gegenbewegung gegen die eucharistischen Irrlehren hervorgerufen, die damals viele Anhänger fanden. Die sterblichen Überreste der seligen Maria von Oignies
wurde verteilt auf drei Reliquiare und finden sich heute in der Kirche San Nicolas in Nivelles, in der Pfarrkirche von Aiseau und in Saint Rémy in Falisolle.
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