Der Hl. Ulrich von Augsburg und die Verehrung des Allerheiligsten Altarsakraments
”...Wir wissen sicher, dass eine eindeutige Verehrung gegenüber dem aufbewahrten Altarsakrament ...
besonders in Nordeuropa während des zehnten und elften Jahrhunderts in Erscheinung tritt. Trotzdem gibt es in den Riten, wie wir sehen müssen, noch keine ausdrückliche Erwähnung eines Gebetes
außerhalb der Hl. Messe gegenüber dem aufbewahrten Altarsakrament. Diese Entwicklungen ereignen sich im Kontext der Karwoche, dem Höhepunkt des kirchlichen liturgischen Kalenders. Im Verlauf der
Biographie des Heiligen Ulrich (893-973), Bischof von Augsburg, aus dem zehnten Jahrhundert werden wir zum ersten Mal informiert über eine Zeremonie, die das Begräbnis Christi durch ein
symbolisches Begraben des aufbewahrten Altarsakra- ments nachspielt an einem Ort, der ähnlich dem Heiligen Grab selbst, verschlossen wurde mit einen Stein bis zum Ostersonntag: „Am Karfreitag...
frühmorgens beeilte er (der Hl. Ulrich) sich, den Psalmengesang zu vollenden. Und, als die Heiligen Mysterien Gottes vollendet waren, das Volk mit dem Heiligen Leib Christi genährt war, und das
Übriggebliebene begraben wurde in gewohnter Weise, beendete er den Psalmengesang während er von Kirche zu Kirche ging.... Als der freudenreichste Ostertag kam, ging er in die Kirche des Hl. Ambrosius
nach der Prim, wo er den Leib Christi am Karfreitag niedergelegt hat, bedeckt mit einem Stein. Dort feierte er mit eineigen Geistlichen die Messe von der Hl. Dreifaltigkeit. Nach dem Ende der Messe
nahm er den Leib Christi und das Evangelium an sich und ging mit Kerzen und Weihrauch begleitet zur Kirche des Hl. Johannes des Täufers.“
Diese Niederlegung des Allerheiligsten Altarsakraments in einem symbolischen Grab am Kar- freitag
und seine darauf folgende Erhebung am Ostersonntag wird wiederum kurz in einem Brevier von St. Gallen in der Schweiz aus dem elften Jahrhundert erwähnt. Dies wurde wahrscheinlich zu einem
allgemeinen Brauch in der Feier der Karwoche quer durch das mittelalterliche Europa. Dadurch dass das aufbewahrte Altarsakrament
besondere Beachtung fand unterschieden, wenn auch nicht getrennt von der Messe und der Heiligen Kommunion, markieren diese
Zeremonien der Niederlegung des Altarsakraments eine neue Ära in der Geschichte der eucharistischen Anbetung. Von zusätzlicher
Bedeutung in diesem Text über das Leben des Hl. Ulrich aus dem zehnten Jahrhundert ist die Erwähnung der Begleitung des aufbewahrten Altarsakraments mit Kerzen und Weihrauch.”
(aus dem Englischen übersetzt von Bernhard Hesse aus dem Buch von Fr. Benedict J. Groeschel, CFR und James Monti, In The Presence of Our Lord, The
History, Theology, and Psychology of Eucharistic Devotion S. 198-199)
Der heilige Bischof Ulrich
Er stammte aus hochadeligem Geschlecht. Im Kloster St. Gallen wurde er in den Wissen- schaften unterrichtet, wobei er sich
besonders durch ungeheuchelte Frömmigkeit und englische Reinheit auszeichnete, die er sich durch beständige Abtötung und Gebet erworben hatte.
16 Jahre alt wurde er von seinen Eltern der Leitung des frommen Bischofs Adalbero von Augsburg übergeben, der ihn auch später
zum Priester weihte. In diesem ehrwürdigen Stand verwandte er fast alle seine Stunden auf das Gebet und Studium, und die Armen
erhielten den größten Teil seiner Einkünfte. 31 Jahre alt wurde er wegen seines ungemein frommen Lebens und seiner Kenntnisse
zum Bischof von Augsburg erhoben. Er fand sein Bistum im traurigsten Zustand. Die Ungarn oder Hunnen hatten die Kirchen
verbrannt, die Häuser geplündert, alles ringsum verwüstet. Wohin der Heilige blickte, sah er nichts als Jammer und Elend. Doch er
verzagte nicht. Im Vertrauen auf Gottes Hilfe rief er seine Herde zusammen, und verschaffte ihr jedwede Unterstützung; auch
erhoben sich die Kirchen wieder aus ihrem Schutt. Während er mit unendlicher Mühe alles wieder in guten Stand setzte, gewährte ihm Gott besonders wegen seiner überaus großen Liebe zu den Armen viele Tröstungen.
Einmal in der Nacht vor dem Gründonnerstag hörte er, dass er Gäste bekommen werde. Darüber wachte er auf und dachte nach, wer
denn wohl diese Gäste sein möchten. Er schlummerte wider ein und vernahm wieder die Worte: „Dein Gebet und dein Almosen
haben die Augen des Herrn gesehen, und dich daher deinen zwei Vorfahren, Fortunat und Adalbero empfohlen, damit sie dir heute
und fortan bei der Darbringung der heiligen Geheimnisse beistehen und mit dir das Opfer segnen.“ Als der heilige Bischof morgens
das Hochamt hielt, erblickte er und einige der Frömmsten unter den Anwesenden die rechte Hand des Herrn mit ihm das heiligste
Sakrament segnen und das Kreuzzeichen darüber machen. Bei der Darreichung der heiligen Kommunion legte er denjenigen, welche
mit ihm dasselbe Gesicht gesehen hatten, den Finger auf den Mund, zum Zeichen, dass sie ihr Leben lang das strengste Stillschweigen
beobachten sollten. Wie tief der Heilige ergriffen war von der himmlischen Würde des hochheiligen Sakramentes, geht daraus hervor,
dass er nur nach einer stundenlangen Vorbereitung das heilige Messopfer feierte, und in einer Synode, die er mit seiner Geistlichkeit
hielt, sprach er: „Meine Brüder, Priester des Herrn! Wir sind eure Hirten, ihr aber die Hirten der euch anvertrauten Seelen. Wir
müssen von euch dem höchsten Hirten Jesus Christus unserem Herrn Rechenschaft ablegen, ihr von dem euch anvertrauten Volke.
Daher, meine Teuersten, bedenket die Gefahr ... Besonders ermahnen wir euch, dass euer Lebenswandel untadelhaft sei. Bringt mit
möglichter Andacht und Frömmigkeit das heilige Opfer der Messe dar, und empfangt mit Furcht und tiefster Verehrung den Leib und
das Blut des Herrn.“ Das Korporale sei ganz rein; der Altar bedeckt mit reiner Leinwand, auf den Altar soll nichts gesetzt werden, als
die Reliquiengefäße und die Büchse mit dem Leibe des Herrn für die Kranken ... Ladet das Volk zur Beichte ... und ermahnte die
Gläubigen, dass sie alle viermal im Jahr zur heiligen Kommunion des Leibes und Blutes des Herrn gehen.“
So war der Heilige besorgt für die würdige Feier der heiligen Geheimnisse und das Heil des Volkes! Die Ehre und Verherrlichung
Gottes ging ihm über alles. Eines Tages kamen zu ihm etliche Bauern aus dem Allgäu, und trugen ihm wehmütig vor, sie hätten aus
eigenen Mitteln eine Kirche gebaut, aber zu ihrer Einweihung noch keinen Bischof bekommen können, weil sie in einer fast
unzugänglichen und schauderhaften Einöde wohnten. Mit Tränen des Mitleids und der Freude hörte der heilige Bischof die guten
Leute an, unternahm sogleich die beschwerliche Reise und weihte die Kirche. Vieles wäre noch zu erzählen von seiner Liebe zu den
Armen und Kranken, von seiner Bußstrenge, und von seinem Eifer, das Volk in den Wahrheiten der Religion zu unterrichten, und
recht fromm und sittenrein zu machen. Seine Kraft hierzu holte er sich aus dem heiligen Messopfer, das er täglich mit glühender
Andacht darbrachte. Als ihm dies bei abnehmenden Kräften nicht mehr möglich war, wohnte er dem heiligen Opfer bloß bei. Vor
seinem Ende ließ er seine wenige Habe vor den Altar hinlegen und verteilte sie dann unter die Armen. Am Fest des heiligen Johannes
des Täufers las er zum letzten Mal die heilige Messe, und am Freitag nach dem Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus entschlief er sanft im Herrn im Jahre 973.
(leicht sprachlich überarbeitet übernommen aus: Ott, Georg, Eucharisticum, Regensburg, New York u. Cincinnati 1869, S. 167-168)
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