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Hl. Crescentia von Kaufbeuren

“Der göttliche Wille und das heiligste Altarssakrament sind mein Himmel auf Erden”
“Dass sich viele Menschen in den Kirchen so unwürdig benehmen und auch sonst so lau dahinleben, kommt einzig und allein daher, dass der liebende Glaube ihnen fehlt, sonst wäre es unmöglich, dass ein Mensch gegenüber seinem Gott so gleichgültig würde ... Wenn wir mit leiblichen Augen sehen könnten, wie die heiligen Engel, die doch reine Geister sind, vor dem allerheiligsten Altarssakrament mit größter Ehrfurcht und tiefster Demut auf ihrem Angesicht liegen und zittern, wie würden wir da als sündige Menschen wagen, uns unwürdig und unehrerbietig vor dem höchsten Gott zu benehmen. Wenn wir aber schon die heiligen Engel tritt den irdischen Augen nicht sehen, so könnten wir dies doch jederzeit mit den Augen der Seele durch unseren Glauben.”

Überholte “Tabernakelfrömmigkeit”?
Crescentia und die eucharistische Anbetung

Ansprache anläßlich der 33. Wallfahrt der Augsburger Pilger nach Kaufbeuren am 12. Juli 1981 von Domkapitular Msgr. Dr. Karl Heinz Braun, Augsburg (heute emeritierter Erzbischof von Bamberg)

In diesem Jahr fand in Lourdes der 42. Eucharistische Weltkongress statt. Tausende katholischer Christen versammelten sich um die heilige Eucharistie und wurden sich neu bewusst, dass uns im Sakrament des Altares das Brot für das Leben der Menschen und die Hoffnung auf eine neue Welt geschenkt ist. Die Feier dieses Kongresses will uns ein Anruf sein: Wie steht es um unsere Wertschätzung der heiligen Eucharistie? Welche Auswirkungen hat sie auf unser Leben? Was bedeutet uns - und darauf wollen wir uns in dieser Stunde besinnen - die Anbetung des eucharis- tischen Herrn?

Anbetung Gottes ist das Ziel der gesamten Schöpfung und Weltgeschichte. Auch der “aufgeklärte” Mensch von heute betet etwas an. Der Materialismus hat die Anbetung nicht aufgehoben, er hat sie nur verschoben - vom Schöpfer weg hin zum Geschöpf, zum Geschaffenen. Ein teurer Wagen, ein Spitzensportler, eine moderne Ideologie, Gesundheits- und Jugendkult, Luxus, Fortschritt, Leistung und Erfolg? - sind dies nicht zeitgenössische Formen von Anbetung, Anbetungsidole?

Doch auch in den Götzendienst unserer Tage hinein spricht der Herr - wie zu Beginn seines Auftretens: “Weiche, Satan, es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, allein sollst du anbeten und ihm allein dienen!” (Mt 4,10). Die Anbetung Gottes steht an erster Stelle. Der Glaubende beugt sich in Freiheit vor der Größe des Schöpfers; er überantwortet sich dem heiligen Gott in Liebe und Dankbarkeit, vollkommen und unwiderruflich: er betet an.

Anbetung - ein Mauerblümchen?

Anbetung Gottes, ist dies heutzutage nicht ein ungewohntes Wort und ein vernachlässigtes Mauerblümchen - auch unter Christen? Wieviele sind es, die sich vor Gottesdienstbeginn nicht gleich hinsetzen, sondern zunächst einmal ihre Knie beugen und anbeten? Wieviele nehmen sich noch nach der Eucharistiefeier Zeit zu einer - früher fast selbstverständlichen - anbetenden Danksagung? Ist nicht der Einsatz für die Unterdrückten und Notleidenden, ist nicht caritative, soziale und politische Aktivität des Christen das Gebot der Stunde? Heißt nicht, dem Mitmenschen dienen, Gott anbeten?

Fragen über Fragen! Es wäre viel dazu zu sagen. Ein russisches Sprichwort mag zum Nachdenken anregen. Es lautet: “Nirgendwo ist mehr Menschlichkeit als dort, wo man Gott anbetet”. Ja, die Hände, die sich zum Herrn wenden, wenden sich auch zum Nächsten hin. Die Knie, die sich vor Gott beugen, beugen sich auch nieder zum zerschundenen und leidenden Mitmenschen. Das Herz dessen, der den Schöpfer anbetet, schlägt auch für seine Geschöpfe.

Das Messopfer - Zentrum der Anbetung

Wo aber hat die Anbetung ihr Zentrum, ihre lebendige Mitte? Altar und Tabernakel geben Antwort; sie weisen uns auf die heilige Eucharistie. Das Messopfer ist Verherrlichung des Vaters durch die vollkommene Hingabe des Sohnes. Er ist die menschgewordene Anbetung Gottes. In der Feier der Eucharistie vereinigen wir uns mit Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, und beten “durch ihn und mit ihm und in ihm” den Vater an.

Die Messe würde jedoch zum Leerlauf, wenn wir dabei die andere Dimension der Eucharistie übersähen oder gar verdrängten, nämlich die Anbetung des unter Brotsgestalt verborgenen Herrn nach der heiligen Messe. Dann wären unsere Kirchen nur noch Museen und unsere Tabernakel nur noch Behältnisse, in denen die übriggebliebenen Hostien aufbewahrt werden. Unsere Kirchen sind jedoch nicht Räume, in denen in der Frühe eine Feier stattfindet und die dann für den Rest des Tages “funktionslos” bleiben sollen. Und die restlichen Hostien sind eben nicht nur “Mahlreste”.

Nein, Jesus Christus ist hier gegenwärtig als wahrer Gott und wahrer Mensch - gegenwärtig in einer unseren Sinnen verborgenen Weise: Sie liegt zwischen dem Irdisch-Geschichtlichen und der jenseitigen Vollendung, sie stellt die lebendige Brücke zwischen dem historischen Jesus und dem erhöhten Herrn dar, sie bedeutet den Übergang vom Diesseits zum jenseits.

Und weil Christus wirklich im Tabernakel gegenwärtig ist, können wir ihm hier persönlich begegnen. Diese Begegnung steht im Zeichen des Opfergeschehens der heiligen Messe; sie ist geprägt vom Kreuzestod des Herrn, der uns in seine Hingabe an den Vater hineinnehmen will. Die eucharistische Anbetung besteht deshalb zutiefst darin, sich mit Jesus zur Opfergabe für den Vater zu machen.

“Unsere Anbetung sollte nie aufhören”

Papst Johannes Paul II. erklärte in seinem Schreiben zum Gründonnerstag 1980: Die Verehrung der heiligsten Eucharistie “soll unsere Kirchen auch außerhalb der Messzeiten füllen”. Der Heilige Vater erinnerte an das “persönliche Gebet vor dem Allerheiligsten”; denn: “In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen ... Unsere Anbetung sollte nie aufhören” (“Über das Geheimnis und die Verehrung der heiligsten Eucharistie”, 24. Februar 1980, Nr. 3).

Um der Liebe willen darf man sich Zeit nehmen und diese sogar “verschwenden”. Echte Liebe sucht die Nähe des Geliebten. Die Liebe zu Jesus im Tabernakel lässt sich nicht betören von dem Vorwand, man wolle keine Zeit verlieren, weil diese besser auf äußere gute Werke verwendet werden sollte. In einer materialistischen Umgebung, wo Leistung und Erfolg ausschlaggebend sind, besteht diese Versuchung ständig. Sie kann unseren Glauben an die Gegenwart des Herrn im Altarssakrament unterhöhlen und deren Wertschätzung schwächen.

Stimmt es nicht traurig: Jesus weilt im Tabernakel unter uns und viele achten seiner nicht! An alles denken sie untertags, für alles haben sie Zeit und Interesse, nur gegenüber dem Herrn im Altarssakrament sind sie “knauserig”. Wenn wir um einen gütigen und weisen Menschen wissen, dessen Herz allzeit offen ist für uns, der mit Rat und Tat hilft, wo immer er kann, da zögern wir nicht lange, ihn aufzusuchen, da ist uns keine Mühe zu groß und kein Weg zu weit. Und doch ist auch er nur ein begrenztes Geschöpf.

Im Tabernakel wartet nicht ein schwacher Mensch auf uns, sondern der allmächtige Sohn Gottes, unser göttlicher Bruder und Freund. Er gab für jeden von uns am Kreuz sein Letztes; er will jetzt unser Trost, unser Friede, unsere Kraft sein. Ist es nicht Torheit, ein solches Angebot auszuschlagen?

“Hier wohn' ich in meinem ird'schen Haus, hier teil' ich unzählige Gnaden aus: Doch du gehst kalt vorüber! Mich zog der Liebe Allgewalt herab in schlichte Brotsgestalt: Und du - gehst kalt vorüber! Ich weile Tag und Nacht bei dir, um dich zu zieh'n herauf zu mir: Doch du - gehst kalt vorüber!”

Sicher, keiner, dem es mit seinem Glauben ernst ist, will “kalt” am Tabernakel vorübergehen. Für ihn gilt trotz aller bedrängenden Vielfalt an Arbeiten, Aufgaben, Terminen und Verpflichtungen: Liebe macht erfinderisch! Doch, so könnte einer fragen, kann man die eucharistische Anbetung nicht schon in der Zeit des Kommunionempfanges verwirklichen? Reicht nicht der gute Wille, den Alltag zur Danksagung und Anbetung zu machen? Wirkt nicht die Kraft der Eucharistie von selbst - automatisch - in mir, wenn ich nur redlich meine Pflichten erfülle?

“Aktion und Kontemplation”

Die Feier der heiligen Messe weist über sich hinaus zum dankenden Gedenken dessen, “was Großes der Herr an mir getan hat.” Das Essen und Trinken der Eucharistie will sich weiter entfalten - es drängt dazu, diesem Geschehen die Weite meines Herzens, ja meiner gesamten Existenz zu öffnen, damit sie “durchströmt” wird von der Kraft und von dem Licht des “Allerheiligsten”. “Aktion und Kontemplation” lautet ein Leitwort junger Christen. “Lebendige Mitfeier und anbetende Verehrung der Eucharistie” könnten wir ähnlicherweise sagen. Wir müssen geistig, innerlich realisieren, was uns im heiligen Opfermahl sichtbar zuteil geworden ist. Dann werden wir auch die heilige Kommunion mit viel mehr Ehrfurcht und mit größerer Fruchtbarkeit empfangen.

Freilich, die Gegenwart des Herrn in der Eucharistie ist ein Prüfstein unseres Glaubens. Nicht allein die Tatsache, dass wir mit unseren Augen nur ein schlichtes Stück weißes Brot sehen, mag uns Schwierigkeiten bereiten, wohl mehr noch dies: Jesus Christus in der Hostie schweigt, während das Leben so fordernd und laut ist, so voller Aktivität und Leistung, während die Menschen ihn doch sehr bräuchten, ihn sehen und hören müßten. Ist dieses schweigende Verborgensein des Herrn nicht unserem modernen Lebensgefühl total zuwider, gehen Welt und Eucharistie nicht in entgegengesetzte Richtungen?

Man braucht Glauben und Mut, um gegen den Strom der äußeren Dinge vor dem eucharistischen Herrn zu verharren, zu schweigen und anzubeten. Aber wer dies tut, der wird inne: Hier im Tabernakel ist Jesus da als einer, der ganz und gar bei mir ist. Mehr noch, in ihm ist alles, was ich erfahre und erlebe, aufgehoben; denn er hat ein menschliches Herz angenommen und mit diesem die Last aller Zeiten und Menschen.

Ruhe und Frieden

Deshalb kann ich vor dem Tabernakel das ganze Leben einbringen: die Anliegen der Kirche, die vielfältigen Nöte der Welt; alle Menschen, die mich begleitet haben oder noch um mich sind; die Aufgaben, die anstehen sowie die ungelösten Fragen, die unverwirklichten Pläne; mich selbst in aller Armut und Einsamkeit, im Verlangen nach Erfülltsein. Dies alles lege ich zurück in die Hände des Herrn, der auch heute noch einlädt:  “Kommet alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen” (Mt 11,28).

Wir dürfen sicher sein, keiner, der sich lauteren Herzens beim eucharistischen Herrn einfindet, bleibt ohne dieses Geschenk der Ruhe, des Friedens und der Erquickung. In aller Hektik und Ungeborgenheit des Lebens kann das Schauen, Betrachten und Beten vor dem Allerheiligsten zur “Heimat” werden - so wie dies in der Erfahrung eines schlichten Beters zum Ausdruck kommt. Er gab, nach dem Sinn seines Verweilens vor dem Tabernakel gefragt, zur Antwort: “Ich schaue ihn an, und er schaut mich an.”

Hier im Strahlkreis des eucharistischen Herrn bestärken wir jene Haltung, die den echten Christen ausweist: für Christus leben und aus Liebe zu ihm für die Mitmenschen; denn wenn wir Jesus im Tabernakel als jenen erfahren, der ganz für uns da ist, kann dann unsere Antwort anders lauten, als dass auch wir für den Herrn da sind und mit ihm für die anderen? Das ist der “Weltbezug” der eucharistischen Anbetung, das ist die “soziale” Liebe, zu der sie uns drängt. “Die Eucharistie in ihrem wahren Sinn verstanden, wird von selbst zur Schule tätiger Nächstenliebe” (Johannes Paul 11., Schreiben zum Gründonnerstag 1980, “Über das Geheimnis und die Verehrung der heiligsten Eucharistie”, 24. Februar 1980, Nr. 6).

Creszentia und die Anbetung

Die Eucharistie “in ihrem wahren Sinn verstanden” hat jene große Frau, zu deren Grabe wir gewallfahrtet sind, die selige Crescentia von Kaufbeuren. Von Kindheit an zeigte sie außerordentliche Liebe zum Altarssakrament. In aller Morgenfrühe schon ging sie aus ihrem Elternhaus in die Pfarrkirche St. Martin, um dort den Heiland anzubeten. Dabei geschah es nicht selten, dass sich die Tür der noch verschlossenen Kirche ohne jedes menschliche Zutun öffnete, so dass Crescentia ohne Hindernis zum Sakramentsaltar gehen konnte. Als junges Mädchen bat sie den Herrn, er möge sie an einen Ort führen, wo sie recht nahe bei ihm “wohnen” und ihn oft “besuchen” könne. Das schien ihr die Erfüllung all ihrer Wünsche, dafür wollte sie Mühsale und Leiden gerne auf sich nehmen.

Der Heiland erhörte das Gebet Crescentias und rief sie in “sein Haus”, in das Klösterlein der Franziskanerinnen am Obstmarkt. Hier hatte sie Gelegenheit, oft vor dem Tabernakel zu beten; hier erlebte sie “Taborstunden”; hier konnte sie die Welt und auch alles Leid vergessen; hier verlor sie den Geschmack für irdische Freuden; hier vermochten sie weder Lärm und Schmerz noch Krankheit, Hitze und Kälte in der Andacht zu stören. Es kostete sie stets große Überwindung, die heilige Stätte, die “Pforte des Himmels”, wie sie sich ausdrückte, zu verlassen.

“Obwohl Crescentia” - berichtet eine Mitschwester - “sehr viel und lange Zeit bei ihrem göttlichen Seelenbräutigam auf dem Chor zubrachte, war ihr doch immer die Zeit zu kurz. Es kamen ihr die Stunden gleichsam nur wie Augenblicke vor. Oftmals hat sie gefragt, wo dieser oder jener halbe Tag hingekommen sei, der ihr nur einige Vaterunser lang gewesen zu sein schien... Es war das ihre einzige Lust und Freude, bei ihrem geliebten Herrn auf dem Chor zu sein”. In kranken Tagen erlaubte ihr die körperliche Schwäche oft kaum, sich zu bewegen; aber wenn nur irgendwie möglich, schleppte sie sich mit größter Anstrengung in den Chor oder ließ sich von den Mitschwestern dorthin tragen, um beim eucharistischen Heiland zu sein.

Das anbetende Verweilen vor dem Allerheiligsten war ihre “größte Freude”. Durfte sie doch dabei erfahren: “Du zeigst mir den Pfad zum Leben. Vor deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle, zu deiner Rechten Wonne für alle Zeit” (Ps 16,11). So konnte Crescentia in voller Überzeugung sprechen: “Der göttliche Wille und das heiligste Altarssakrament sind mein Himmel auf Erden”.

Mit dem Herrn im Tabernakel wollte Crescentia alles teilen. Wenn Freude sie erfüllte oder Schmerz sie niederdrückte, Crescentia wusste, wo sie ihr Herz ausschütten durfte. War irgendwo ein Unglück geschehen, drohte ein Unwetter die Felder zu verwüsten, trug ihr jemand Zweifel vor und bat sie um Rat, sie war sich sicher, wo sie Hilfe und Erhörung finden konnte.

Ging Crescentia am Chor vorbei und hatte sie keine Zeit zu einer Besuchung, So kniete sie wenigstens kurz nieder, erneuerte ihren Glauben an die Gegenwart Christi im Tabernakel und betete den Heiland in tiefster Ehrerbietung an. Als Oberin führte sie den Brauch ein, die Schwestern sollten beim Vorübergehen an der Kirche oder am Chor den Lobgesang der Engel sprechen: “Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Sabaoth.” Oft grüßte Crescentia auch während der Arbeit den eucharistischen Herrn mit den Worten: “Gelobt und gepriesen sei das heiligste Sakrament des Altares.”

Gegen den Gehorsam jedoch wollte sie nicht in den Chor gehen. Als sie einst von ihrer Mitschwester Bernardine während der Arbeit aufgefordert wurde: “Komm, gehen wir und besuchen wir das heiligste Sakrament!”, antwortete sie: “Wir haben keine Erlaubnis, die Arbeit zu verlassen. Ja! Gehen wir zum Heiland, aber jetzt nur im Geiste!” Wenn Crescentia wegen Krankheit oder dringender Geschäfte nicht zur Anbetung in den Chor gehen konnte, oder wenn sie ihn aus Gehorsam verlassen musste, bat sie ihren Schutzengel, diese und jene Heilige, an ihrer Stelle den Herrn im Altarssakrament anzubeten. Von ihrer Zelle aus, die nicht weit von der Kirche entfernt war, richtete sie ihr Herz und ihre Augen immer wieder zur Stätte des Tabernakels.

Crescentia achtete sehr darauf, dass die Altartücher immer rein waren und der Altar möglichst schön geschmückt wurde. Hielt sie doch die Stätte, worauf das Brot des Lebens gelegen hatte und aufbewahrt wurde, für ihren Himmel auf dieser Welt. Trotz ihrer Liebe zur Armut scheute sie als Oberin keine Kosten, wenn es sich um die Zierde des Klosterkirchleins oder um wertvolle Geräte für den Gottesdienst handelte. Für den Heiland im Sakrament war ihr nur das Beste gut genug. Sie schätzte es als besondere Gnade, das Gotteshaus schmücken oder die Kirchenwäsche reinigen zu dürfen.

Oftmals war Crescentia über die Unehrerbietigkeit vieler Menschen gegen das Altarssakrament betrübt. Sie sagte: “Dass sich viele Menschen in den Kirchen so unwürdig benehmen und auch sonst so lau dahinleben, kommt einzig und allein daher, dass der liebende Glaube ihnen fehlt, sonst wäre es unmöglich, dass ein Mensch gegenüber seinem Gott so gleichgültig würde... Wenn wir mit leiblichen Augen sehen könnten, wie die heiligen Engel, die doch reine Geister sind, vor dem allerheiligsten Altarssakrament mit größter Ehrfurcht und tiefster Demut auf ihrem Angesicht liegen und zittern, wie würden wir da als sündige Menschen wagen, uns unwürdig und unehrerbietig vor dem höchsten Gott zu benehmen. Wenn wir aber schon die heiligen Engel tritt den irdischen Augen nicht sehen, so könnten wir dies doch jederzeit mit den Augen der Seele durch unseren Glauben.”

Fronleichnam

Fronleichnam war für Crescentia alljährlich eines der schönsten Feste. Während der nachfolgenden Fronleichnamsoktav bemühte sie sich besonders, dem “Heiland Freude zu machen”. Der Donnerstag, der Einsetzungstag der Eucharistie, galt ihr als der liebste Tag der ganzen Woche. “O Donnerstag, O Wundertag, O süßer Liebestag, da Gott sich uns zur Speise hingegeben!”

In der Zeit nach der heiligen Kommunion konnte sich Crescentia nicht genugtun im Danken, im Bitten, im Anbeten, und sie mußte sich buchstäblich losreißen, wenn der Gehorsam sie zur Arbeit rief. Sie gestand aber, dass ihr Herz weiter Anbetung hielt, wenn auch ihre Hände mit anderen Dingen beschäftigt waren. Davon zeugt folgende Begebenheit: Crescentia mußte einmal zur Besorgung einiger Geschäfte mehrmals vor dem Allerheiligsten vorbeigehen, ohne dort bleiben zu können. Sie konnte nur das Stoßgebet wiederholen: “Mein Gott, aus Liebe zu dir und aus Gehorsam.” Als sie dann zum letzten Mal an dem Altar vorbeiging, sah sie über dem Tabernakel viele Flämmchen schweben. Sie stutzte und fragte den Heiland, was dies bedeute. “Das sind”, vernahm Crescentia, “die Seufzer der Liebe, die du im Vorbeigehen zu mir gerichtet hast.”

Crescentias Verehrung des eucharistischen Herrn wirkte sich auch in ihrer Liebe zum Nächsten aus. Sie setzte in die Tat um, worum sie betete: “Mein höchstes Gut, ich will dich hier in meinem Nächsten preisen, gib, dass er dich über alles liebe, du mein einziger Trost; dies tue ich dir zuliebe und zu Gefallen.”

Von der Liebe der seligen Crescentia zum Altarssakrament gilt, was eine Mitschwester so zusammenfasste: “Crescentia hat fest an die Gegenwart Gottes mit Fleisch und Blut, mit Gottheit und Menschheit im allerheiligsten Altarssakrament geglaubt, vor dem sie jederzeit Andacht, Ehrfurcht, Liebe und eine heilige Scheu bezeugte. Diesen ihren lebendigen Glauben hat sie des öfteren mit glühenden Worten zu erkennen gegeben, wenn sie sagte: Dieses höchste Geheimnis glaube ich so fest, dass ich lieber tausendmal alle Marter und Pein ausstehen wollte, als diese Glaubenswahrheiten auch nur im mindesten zu bezweifeln.”

Niederknien und anbeten

Wir können die Heiligen nicht schlechthin nachahmen. Jeder von uns hat von Gott her seine besondere Prägung und Aufgabe. Aber wir sollen am Beispiel der Heiligen lernen für unser Leben. Wäre nicht die “Andacht, Ehrfurcht und Liebe”, mit der die selige Crescentia gegenüber dem Heiland im Tabernakel erfüllt war, ein solcher Bezugspunkt?

Alles Sprechen und Nachdenken über das Allerheiligste kommt an ein Ende - entscheidend ist, dass wir niederknien und anbeten. Dann mag uns jene Erfahrung zuteil werden, die das Leben der seligen Crescentia erfüllte: In der liebenden Verehrung des eucharistischen Herrn finden wir unsere “größte Freude”, unseren “einzigen Schatz auf Erden”, die “Pforte des Himmels”.